Die alte Weinstraße
Auf dieser Altstraße wurde nicht, wie man meint, Wein transportiert, sondern der Begriff Wein kommt von "Waan", hess. für Wagen. Die Weinstraße war eine Wagenstraße und Teilabschnitt der uralten Handels- und Heerstraße Frankfurt-Hildesheim. Schon seit dem 7./8. Jahrhundert wurden über diese wichtige Nord-Süd-Verbindung Waren transportiert.
Der Fernverkehr vom Rhein-Main-Gebiet zog über die Weinstraße mit ihren zahlreichen Nebenwegen durch die Wetterau über Gießen oder durch den Hintertaunus über Wetzlar nach Marburg und weiter über Wetter, Frankenberg, Korbach und Marsberg nach Paderborn. Besonders interessant fand ich diese Altstraße, da sie direkt durch unseren Wohnort Rosbach führte, quasi an meiner Haustür vorbei.
In historischen Quellen wird die alte Weinstraße häufig erwähnt. Schon die Soldaten Karls des Großen (792), Truppen im 30jährigen Krieg gegen die Sachsen sowie Napoleon und 1945 auch die Wehrmacht zogen über sie.
Die alte Weinstraße zwischen Höchst und Ober-Rosbach.
Sie begann im heutigen Rhein-Main-Gebiet am historischen Mainübergang in Frankfurt-Höchst, kreuzte die römische Elisabethenstraße südlich von Eschborn, verlief dann durch Eschborn, Steinbach und Weisskirchen. Im Bommersheimer Feld in der Verlängerung der Kurmainzer Straße heißt sie heute noch ein Stück weit "Weinstraße". In der Verlängerung dieses Feldwegs befindet sich im Bommersheimer Feld ein uralter Bildstock, der einstmals die Weinstraße flankierte. Nahe des Bad Homburger Autobahnkreuzes kreuzte sie weitere Römerstraßen, nämlich die Saalburgstraße von Nida zum Saalburgkastell und weiter nördlich in Bad Homburg-Gonzenheim die alte Römerstraße von Bonames zur Saalburg "Lange Meile".
- Die alte Weinstraße als Hohlweg in
Bad Homburg-Gonzenheim
Die Straße, die an der Alten Burg vorbei- und nördlich aus Burgholzhausen herausführt, heißt auch heute noch Weinstraße. Es ging weiter an Hügelgräbern vorbei zum Beinhardshof, wo ehemals die Ortschaft Beinhards lag. An der Steigung zum Jägerhaus beim Beinhards sind noch Reste der alten Straßenpflasterung erhalten und östlich davon mehrere parallele Rinnen im Wald erkennbar. Vom Beinhardshof zog die alte Weinstraße weiter nach Ober-Rosbach, wo das Hauptgeleit sein Quartier hatte.
Die alte Weinstraße zwischen Ober-Rosbach und Obermörlen
- Die Weinstraße am nördlichen Ortsende von
Rosbach
- Die alte Weinstraße zwischen Ockstadt
und Obermörlen.
- Die Weinstaße beim Löwenhof
In "Der Obergermanisch-Raetische Limes des Roemerreiches" von 1894 las ich, dass die Weinstraße 400 m nördlich des Straßheimer Hofes von einer alten Römerstraße gekreuzt wurde, die die Kapersburg mit dem Ober-Florstädter Limes-Kastell verband. Im Wald habe ich eine Wegkreuzung gefunden, die östlich von Aufwürfen und Gräben flankiert wird. Die östliche gedachte Verlängerung dieses Weges mündet jenseits des heutigen Golfplatzes in den Wehrheimer Hohlweg. Westlich der A5 setzt sich dieser Waldweg ebenso fort mit Richtung auf die Kapersburg. Ich gehe deshalb davon aus, dass dies die alte römische Verbindung Friedberg-Kapersburg ist, die auch schon der Altstraßenforscher Kofler beschrieben hat.
- Aufwürfe an der Kreuzung der Weinstaße mit der
Römerstraße Friedberg-Kapersburg
Auch in Obermörlen heißt die Straße heute noch Weinstraße ... Im Mittelalter führte sie jedoch an der heutigen Wüstung Hüftersheim vorbei, von der einzig die Mühle heute noch übriggeblieben ist und sich in Obermörlen befindet. Denn die Lage des östlich gelegeneren Ortskerns Obermörlens entsprach damals noch nicht der heutigen Ausdehnung des Ortes. Nördlich von Obermörlen geht es auf der Weinstraße weiter über den Galgenberg und Feldwege nach Ostheim und dann über die Römerstraße bis nach Butzbach.
In Butzbach führte die Weinstraße durch den Limes Richtung Pohlgöns, wo sie am Windhof die Wasserscheide an der tiefsten Stelle durchschritt, und Linden, um sich bei Gießen in mehrere Stränge Richtung Marburg und Wetzlar (Wellerweg) aufzuteilen. Nachdem sie die Lahn östlich von Heuchelheim durch die Wolfsfurt überquert hatte, kreuzte sie im nördlichen Krofdorfer Forst nahe des Gronauer Alten Schlosses die Köln-Leipziger Straße und zog über Salzböden, Oberwalgern, Niederwalgern und Wenkbach auf dem Höhenweg nach Niederweimar (Wymar an der straze). Der Dorfkern von Niederweimar lag an der ehemaligen Furt durch die Allna, von wo aus die Weinstraße über den Marburger Rücken, also Ockershausen, Wehrshausen, Marbach, Wehrda, Goßfelden auf dem Kammweg westlich an Marburg vorbei verläuft. Über Lahntal, Wetter, Frankenberg und Korbach verlief der alte Fernweg weiter Richtung Norden, um Anschluß nach Paderborn zu finden.
Die Alte Weinstraße von Marburg-Ockershausen nach Marburg-Wehrshausen
Text und Fotos von Wolfgang VornamAuf aktuellen Karten als "Weinstraße" bezeichnet und durch ihren klaren Verlauf von Süd nach Nord und ihre Lage als Kammweg bestätigt, ist die Alte Weinstraße südlich der Stadt Marburg klar belegbar.
Heutzutage ist die Nord-Süd-Verbindung natürlich durch moderne Talstraßen sichergestellt, die Weinstraße ist aber noch da und wird landwirtschaftlich und als Schleichweg befahren.
Die uralte Wegkreuzung im Bild trägt den Namen "Dreilinden". Hier kreuzt bis heute die Weinstraße und der kleine steile Gladenbacher Weg mündet in die heute breiter ausgebaute Straße, die tatsächlich in ihrem Verlauf als Kreisstraße 68 von Dorf zu Dorf nach Gladenbach führt. Die unbezeichnete Straße ist die Herrmannstraße, sicher aus einem weiteren ehemaligen Zubringerpfad entstanden.
Auf dem Bild ist die Parallelität von mehreren Trassen (hier die vorgenannte Herrmannstraße) erkennbar. Dies ist für Altstraßen und deren Zubringer typisch. Eindeutige Zubringerstraßen mit mehreren Nebentrassen sind in der ganzen Umgebung vorhanden, teils überbaut, oftmals malerisch. Namen wie Zur Weinstraße (Stadtteil Wehrshausen), Höhenweg (Stadtteil Marbach) bestätigen ihre frühere Funktion.
Blickrichtung Süden. Die Baumreihe zeigt im Hintergund den Verlauf an. Klassisch als Kamm-Hohlweg, oft noch stärker ausgeprägt als im Bild.
Blick ins Lahntal auf der Höhe von Marburg. Das Marburger Landgrafenschloss bzw. seine Vorgängerburgen war von der Weinstraße aus etwa auf gleicher Höhe erreichbar. Die Perspektive ist aus heutiger Sicht, und das ist für viele Besucher Marburgs aus aller Welt der Blick von der Bundesstraße 3 mitten durch die Lahnniederung, ungewohnt. Denn damals näherte man sich den Wegstationen wie Städten und Burgen oft von oben! Der amerikanische Begriff Highway / Höhenweg für eine überregionale Fernstraße abseits von Ortskernen leitet sich sicher von Altstraßen ab. Einst gab es hier auf den Höhen Verkehr und Handel, während die Flußtäler noch kaum passierbar waren.
So wurde im 13. Jhd. die nahe der Lahn gebaute, sehr bekannte Elisabethkirche in Marburg auf Hunderten von Eichenstämmen gegründet, die in den Talboden gerammt wurden! Der Verkehr mied ebenso die nassen Niederungen.
Blick nach Norden; Richtung Marburg-Wehrshausen bleibt die Weinstraße auf dem Bergkamm.
Die alte Weinstraße im Bereich Marburg an der Lahn, Ortsteil Wehrda
Text und Fotos von Wolfgang VornamBei der Rekonstruktion des Verlaufs der alten “Wäjnstraße” muss immer in Betracht gezogen werden, dass mehrere, heute oft um eine Ackerbreite voneinander getrennte Trassen in Gebrauch waren. Heutige Straßennamen geben zudem nicht immer zwingend den alten Verlauf wieder, da oft der örtliche Zubringer einfach nur "Weinstraße" genannt wurde, während die eigentliche durchgehende alte Höhen-Wagenstraße nach dem Verlust der Bedeutung von der Bezeichnung, wie auch vom baulichen Zustand her, in Vergessenheit geriet.
Nachfolgend wird ein Teilabschnitt dargestellt, welcher von der praktischen Lage als Kammweg, in seiner Verlängerung der übrigen, im Marburger Raum bekannten Teiltrassen und in seiner Anbindung der heutigen Burgruine Wehrda, der Weiterführung in der Gemeinde Lahntal über die Lahnfuhrt bei Sarnau und die Sandsteinbrücke über die Lahn in Goßfelden als gesicherter Verlauf der alten überörtlichen Handelsstraße gesehen werden darf.
- Kammweg mit geringer Aushohlung
- Gegenrichtung
- Leichter Hohlweg an Südhangseite
- Gegenrichtung
Nach Lahntal erreicht die Weinstraße über die Lahnfurten bei Sarnau und Goßfelden über die Jahrhunderte die Stadt Wetter. Dort ist der Eingang der alten Handelsstraße wieder eindeutig über den Straßennamen “Alte Weinstraße”, die extreme Aushohlung im Verlauf und die mittige Durchquerung des Marktplatzes und die Führung hin zur Wetschafts-Furt gesichert.
Ein Seitenblick: Zubringerstraße von der Burg Weißenstein bei Marburg-Wehrda auf die Weinstraße
- Typisch und mit starker Aushohlung erscheint der alte Weg,
der jedoch 5 Meter parallel zum Verlauf eine Zweit-Trasse hat!
- Die Zubringerstraße zur Weinstraße
