Die Hohe Straße oder Antsanvia

Dieser Name hat mich von Anfang an besonders beeindruckt! Auf die Antsanvia (von via antiana = alte Straße) oder "Hohe Straße" stieß ich bei meinen Ahnenforschungen über Fulda-Dietershan. Von Mainz über Frankfurt, Büdingen, den hohen Vogelsberg, Fulda und die Höhenzüge der Rhön verlief diese zu den ältesten historischen Straßen zählende Verbindung Mainz-Leipzig.

Nördlich von Fulda überquerte man den gleichnamigen Fluss durch die Furt bei Kämmerzell. Ab hier, vom Kirschbäumchen im Neuhofer Forst, ist für den letzten Abschnitt der Hohen Straße der Name Antsanvia überliefert, die sich gen Norden durch Marbach nach Hünfeld wandte und weiter über Vacha nach Eisenach und Leipzig zog.
Schriftlich überliefert wurde der Name Antsanvia erstmals in der Fuldischen Grenzbeschreibung anläßlich der Karlmann-Schenkung im Jahre 747 und in der Vita Sturmi (um 810) des Abtes Sturmius, der im Auftrag des heiligen Bonifatius im Raum Fulda nach einem geeigneten Platz für die Errichtung eines Klosters suchte. Aber wahrscheinlich ist dieser alte Handelsweg noch viel älter und wurde schon von Kelten und Römern genutzt. Bei Radmühl, wo die Salz überquert wurde, kreuzte die Antsanvia den Ortesweg, einen vermutlich ebenso alten Pfad aus dem Marburger Land in das Grabfeld jenseits der Rhön.

Der alte Handelsweg wurde Hohe Straße genannt, weil er sich als Höhenweg auf den Mittelgebirgskämmen des hohen Vogelsbergs entlangzog, der im Mittelalter wegen seiner Unwirtlichkeit kaum besiedelt und noch von riesigen Buchenwäldern bedeckt war. Von den fuldischen Mönchen wurde diese Gegend deshalb in alten Urkunden als "Buchonia" bezeichnet.

Nachdem ich den Verlauf der Antsanvia nachvollzogen hatte, war mir auch klar, warum die Bewohner von Dietershan bei Fulda laut Chronik kein einfaches Leben hatten und der Ort mehrmals verwüstet, geplündert und die Kirche zerstört wurde: Dietershan lag keinen Steinwurf entfernt von der Antsanvia! Belegt ist, dass sie durch den Nachbarort Marbach führte, nur eine halbe Stunde Fußmarsch entfernt. Während des Dreißigjährigen Krieges zogen Söldnerheere über die Altstraße, plünderten und zogen die umliegenden Dörfer stark im Mitleidenschaft. Aber auch die Armee Napoleons zog auf ihrem Rußlandfeldzug über die Antsanvia durch Fulda.

Verlauf der Hohen Straße

Die Hohe Straße führte von Mainz auf der alten Römerstraße parallel zum Main bis Höchst nach Frankfurt-Ginnheimer Höhe und Dornbusch - weiter nach Bergen - Ostheim - Marköbel - Altwiedermus - Diebach - Herrnhaag - Großer Reffenkopf im Büdinger Forst - Kasimirshöhe - Geiskopf - Leisenwald - Hitzkirchen - Ober-/Unterreichenbach - Radmühl - Salz/Freiensteinau - Reichlos - Hauswurz/Brandlos - Giesel - Kämmerzell - Fulda - Marbach - Hünfeld - Vacha - Eisenach und weiter nach Leipzig.

Die Werra wurde bei Vacha mittels einer wenigstens schon im 8. Jahrhundert vorhandenen Brücke überschritten (Landau).

Karte der Hohen Strasse zwischen Leipzig und Fulda

Diese Karte zeigt einen Abschnitt der "Hohen Straße" oder Antsanvia von Mainz nach Leipzig. Wie bei vielen Altstraßen haben einige Straßenteilstücke zusätzliche Namen. So heißt der Abschnitt zwischen Mainz und Frankfurt auf der alten Römerstraße auch Elisabethenstraße, die Strecke Bergen-Ostheim Hohe Straße und der Abschnitt durch den Büdinger Forst Reffenstraße, da er über den hohen Reffenkopf führt. Zwischen Fulda und Leipzig wurde die Altstraße Antsanvia genannt.

Erst ab dem Spätmittelalter verlagerte sich der Handelsverkehr zunehmend talwärts auf die Kinzigtalstraße oder Via Regia.