Sühnekreuze in Hessen

Steinkreuze oder sog. Sühnekreuze sind vornehmlich an alten Verkehrswegen oder Wegkreuzungen zu finden. Die Denkmale mittelalterlichen Rechts berichten von Totschlag oder einer Mordtat an Reisenden und mußten vom Totschläger aufgrund eines Sühnevertrages mit der Sippe des Erschlagenen entweder am Tatort oder an einem nahen Verkehrsweg errichtet werden.

Detaillierte Angaben zu Sühnekreuzen in ganz Deutschland liefert die Webseite www.suehnekreuz.de.

An folgenden Orten in Hessen sind (oder waren) Sühnekreuze zu finden:
Asmushausen Bad Sooden-Allendorf Besse Breitau Calden Eschborn Flensungen Friedberg Fulda Grasellenbach Grebenstein Großen-Buseck Gudensberg Guxhagen Harmuthsachsen Hausen Hilgershausen Hofgeismar Immenhausen Kassel Kirchbauna Korbach Landau Laubach Leusel Lich Lüderbach Malsfeld Neu-Eichenberg Niedermörlen Nonnenroth Ober-Bessingen Queckborn Quentel Raboldshausen Röhrda Rothwesten Rüddinghausen Ruppertsburg Schmalnau Schmitten Spangenberg Steinau Thalau Trais-Horloff Volkmarsen Wanfried Weißenborn Wellerode Wiesenfeld Willershausen Witzenhausen Wolfhagen

Aufgrund der großen Anzahl habe ich mich auf die Vorstellung einiger Sühnekreuze in meiner Umgegend beschränkt:

Sühnekreuze in der Wetterau

Echzell-Bingenheim

GPS: N 50.22020, O 8.53636
Standort: Am südlichen Ortsausgang von Bingenheim auf der Westseite der L 3188. Es wurde zum Gedenken an einen dort 1759 tödlich verwundeten Soldaten im Siebenjährigen Krieg errichtet.

Das Steinkreuz liegt am "Herrnweg", der alten "Gelnhäuser Straße" Altenstadt - Staden, wo eine alte Brücke über die Nidda führte - Leidhecken - Bingenheim - Echzell.

Steinkreuz bei Bingenheim
Altes Steinkreuz bei Bingenheim

Nieder-Mörlen

GPS: N 50.308272, O 8.695610
Das Mordkreuz in Bad Nauheim-Niedermörlen steht heute im Pfarrgarten neben der Kirche Maria Himmelfahrt. Ursprünglich stand es an der alten Römerstraße, wo sich heute die "24 Hallen" befinden, wie der Rosentalviadukt der Main-Weser-Bahn Eisenbahnbrücke noch heute genannt wird.

Mordkreuz Nieder-Mörlen
Das Mordkreuz im Pfarrgarten

Das Kreuz ist am Kopf und an den Seitenarmen stark beschädigt und weist auf beiden Seiten eine Inschrift in Versalien auf.

Hier die Inschrift der Vorderseite soweit lesbar:

"Den 15. August (1698) nachmittags zwischen 2 und 3 Uhr ist alhier an dieser Stelle der ehrsame Bürger und Handelsmann ... nachdem er seine Reis getan durch einen Meuchelmörder ... sich zu ihm geselet, hinterrücks ihm Kopf gehauen und noch geschossen worden, aber noch 3 Stunden gelebt, seine Sele in Gotes Hand, die Rach aber Gott und der Oberkeit befohlen darauf er im 43. Iar seines Alters selig entschlafen"

Hungen Trais-Horloff

In Trais-Horloff befinden sich heute noch 2 Steinkreuze; eines an der Bellersheimer Straße, das früher "am Totenweg" gestanden haben soll, das andere steht heute auf dem Kirchhof. Es wird vermutet, dass dies das verschwundene Steinkreuz von Utphe ist, das ehemals im Feldheimer Wald in der Feldflur "Am steinernen Kreuz" stand.

Steinkreuz in Trais, Bellersheimerstrasse Steinkreuz in Trais, Kirchhof

Sühnekreuze im Hochtaunuskreis

Bad Homburg

Im Staatsforst Bad Homburg, zwischen Kanonenstraße und Lindenberg und nördlich der Goldgrube stand einst ein Steinkreuz. Heute ist es verschwunden, aber diese Flur in der hohen Mark heißt noch heute Mathkreuz und der vorbeiführende Waldweg Mathkreuzweg. Angeblich kam dort eine Magd ums Leben.

Wehrheim

Steinkreuz bei Wehrheim
Das Steinkreuz bei Wehrheim

GPS: N 50.308278, O 8.695572
Das kleine inschriftlose Kreuz befindet sich ca. 500m nördlich von Wehrheim in der Feldflur an einer Feldwegkreuzung in einer Baumgruppe nahe der Usinger Straße. Möglicherweise befand es sich ehemals an der alten Wehrheimer Straße, einer uralten Verbindung der Lahngegend mit der Wetterau über den Taunuskamm.

Wie die auf dem Betonklotz angebrachte Tafel aussagt, hat der Geschichts- und Heimatverein Wehrheim das Steinmal 1970 wieder hergerichtet. Kopf und Arme des Kreuzes sind gerundet und weisen Abschläge und Abwitterungen auf.
Der Sage nach soll hier ein schwedischer Offizier im dreißigjährigen Krieg begraben worden sein.

Sühnekreuze im Vordertaunus

Nieder-Erlenbach

Schneiderkreuz Nieder-Erlenbach
Das Schneiderkreuz am Feldweg

GPS: N 50.212420 O: 8.713340
Ca. 1,5km nördlich von Nieder-Erlenbach am Friedberger Weg Richtung Schäferküppel steht am Wegrand ein Steinkreuz, das "Schneiderkreuz", weil eine Schere darin eingeritzt ist. Leider ist es nicht mehr das Originalkreuz, sondern eine nach der Entwendung in den 70er Jahren wieder errichtete Nachbildung.

Nach mündlicher Überlieferung sollen sich hier zwei Schneider erschlagen haben.

Eschborn

In Eschborn stand einst eine Flurdenkmalgruppe an der alten Römerstraße "Elisabethenstraße", die mit dem Leichenzug Bonifatius' in Verbindung gebracht wird. Der Standort ist heute von der A66 überbaut und befand sich ungefähr dort, wo sich die Ortsausfahrt Eschborn/Sossenheim befindet.

In der Mitte der Denkmalgruppe stand ein Steinkreuz, links davon ein Steinstumpf, vermutlich der Rest eines Steinkreuzes, und rechts davon eine Steinstele, die ein Bildstock gewesen sein könnte. Bekannt ist diese Anordnung der Steinkreuzgruppe aus einer alten Zeichnung. Heute ist das Steinkreuz im Städtischen Museum Eschborn ausgestellt, die beiden begleitenden Denkmale sind leider verschollen.

Das Steinkreuz wurde erstmals seit 1933 als Bonifatiuskreuz gedeutet, da der Leichenzug 754 die Denkmalgruppe auf der alten Römerstraße passierte. Die Einrillungen wurden als HBQ = Hic Bonifacius quievit (hier ruhte Bonifatius) gedeutet, jedoch ist diese Interpretation bis heute nicht eindeutig bewiesen.

 

Sühnekreuze im Vogelsberg

Das Kreylingskreuz

GPS: N 50.432081, O 9.050966

Kreylingskreuz bei Maulbach
Das Kreylingskreuz bei Maulbach
Das Steinkreuz steht im Maulbacher Wald an der höchsten Stelle "am Abspann" der "Alten Frankfurter Straße", die hier den Pass zwischen Burggemünden und Kirtorf überwindet und vermutlich eine Verbindung der kurzen und langen Hessen darstellte.

"Abspann" ist der Ort, an dem die zusätzlich vorgespannten Pferde, die die Wagen steile Steigungen hinauf zogen, wieder abgespannt wurden. Mehrere tiefe parallele Fahrrinnen im Waldboden führen noch heute am Steinkreuz vorbei.

Der Fuhrmann Kreyling soll hier durch einen Vorfahrts- oder anderen Streit ums Leben gekommen sein.

Das Sälzerkreuz

Sälzerkreuz bei Niederklein
Das Sälzerkreuz bei Niederklein
Foto: Kristin Puley
Das Sälzerkreuz steht bei Niederklein an der alten Köln-Leipziger Landstraße.

Das höchste Steinkreuz im Kreis Marburg darf der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zugeordnet werden. Der Sage nach soll dort ein Sälzer (Fuhrmann, der Salz transportierte) umgekommen sein.

Wahrscheinlicher ist der Wahrheitsgehalt eines Vermerks aus dem Jahr 1668 in der Karte Amöneburgs, wonach "steinen Creitz Aldar Ein Geistlicher gegliben", da das Kreuz auffallend aufwendig gestaltet ist.

Weitere Steinkreuze in Hessen

Oft weisen nur noch die alten Flurnamen auf den einstigen Standort von Steinkreuzen hin. Schriftliche Hinweise auf Fluren mit dem Namen "steinern Kreuz" und "stolzes Kreuz" habe ich z.B. noch in der Feldflur bei Dortelweil Richtung Massenheim gefunden. Bei Rodheim v.d.H. gibt es noch heute einen Kreuzweg, der zur alten Weinstraße führt.

Literatur

Riebeling, Heinrich: Steinkreuze und Kreuzsteine in Hessen: Ein topographisches Handbuch zur Verkehrsgeschichte, 1977

"Sprenger-Kreuz"; nach O zur Wetter geneigter