Originalquellen zu Altstraßen (auszugsweise)

Zur Urgeschichte der Wetterau

Von Prof. Dr. Philipp Dieffenbach in Friedberg
aus: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde, 1845

IX. Alte Straßen, besonders Römerstraßen

In einem Lande, dessen Bewohner noch auf einer tieferen Stufe der Cultur stehen, noch nicht so vollständig zu einem ganzen, das wir Staat nennen, verbunden sind, oder dessen Regierung wenigstens die materiellen Bedürfnisse eines Volkes gehörig erkannt und gewürdigt hat, dessen Bewohner weder unter sich, noch mit Fremden einen gehörigen Verkehr haben, überläßt man die Bildung der Wege und Straßen dem Zufalle. Ganz anders aber erscheinen die Straßen in einem politisch gehörig geordneten Staate. Hier verfährt man bei Anlegung derselben nach einem gewissen Systeme, so dass sie unter sich ein Ganzes bilden und auch wieder mit den Nachbarländern eine Verbindung bezwecken.

Es läßt sich voraussetzen, dass in den ersten Urzeiten unseres Landes an eigentliche Straßen nicht zu denken war. Auf einer niederen Stufe der Cultur weiß der Mensch sich ohne Weg und Steg von einem Orte zum anderen zu bewegen, und das Wenige, was er bedarf, trägt er bei sich.

Aber auch später, in den Zeiten nämlich, da Römer und Germanier in feindliche Berührungen kamen, können wir noch keine eigentlichen Heerstraßen suchen, theils weil, wie wir wissen, die Germanier keine großen Handelsverbindungen hatten und haben mochten, theils weil auch im Inneren die Bedürfnisse einer engeren Verbindung nicht vorlagen. Ein eigentliches Straßensystem kann sich demnach erst in den Zeiten bei uns zeigen, da die Römer die Gegend förmlich in Besitz genommen hatten. Und wenn wir in irgend etwas den Beweis haben, dass der römische Staat in seiner Blüthe eine hohe Stufe der Bildung erreicht hatte, so finden wir ihn in seinem Straßenbausysteme. Wir wollen aber hier nicht wiederholen, was darüber in anderen Werken bereits gesagt ist, sondern nur angeben, dass der Römer jeden Ort, wo sich Römer längere Zeit aufhielten, zunächst mit den Nachbarorten, dann mit der Hauptstadt der Gegend, ferner mit der der Provinz und endlich mit der des ganzen Staates in Verbindung brachte durch Straßen, und dass, da dieselben in den neu eroberten Ländern meist neu angelegt wurden, man in der Regel die kürzeste Strecke bei deren Anlage wählte, nämlich die gerade Linie. Das hat sich fast überall erwiesen, wo Römer sich aufhielten, und eben Dieses wird uns auch die nöthigen Fingerzeige geben, um wenigstens hier und da Römerstraßen von anderen unterscheiden zu können. Dass übrigens diese Straßen den Zweck hatten, entlegene Oerter und Gegenden miteinander zu verbinden, Handel und Wandel zu befördern und im Falle einer Gefahr den Marsch der Hülfstruppen zu beschleunigen, wird Jedem von selbst einleuchten. Letzteres möchte besonders bei denjenigen der Fall gewesen sein, welche, wie die Spuren zeigen, von den großen Befestigungen nach anderen Gegenden abgiengen. - Indem wir nun hier von den Römerstraßen der Wetterau Mittheilung machen, haben wir fast nur das als Belege, was wir in den Resten derselben finden. Nachrichten aus alten Schriftstellern gehen uns dabei fast ganz ab, un nur hier und da findet sich in den Urkunden des Mittelalters eine und die andere Stelle, die uns der Betrachtung werth scheint. (Die älteste Nachricht über eine Straße in der Wetterau finden wir im Leben des h. Sturmi vom Jahr 736.)

1) Als den bedeutendsten Ort der ganzen Gegend zur Zeit der Römer können wir wohl ohne Bedenken Mainz (Magontiacum) annehmen. Von dort aus östlich müssen wir die Hauptstraße nach unserer Wetterau zuerst suchen. Diese Straße hat sich bekanntlich noch erhalten; es ist die bekannte s.g. alte Mainzerstraße, die auch die Königs- oder Wein- oder Steinstraße heißt. Sie hat eine Breite von 36 rheinl. Fuß und zeiht in gerader Linie von Castell, wo alte Inschriften ihren Anfang bezeichnen, nach der ersten, erst neuerdings entdeckten Römerstätte, welche eine Viertelstunde südwestlich dem nassauischen Städtchen Hofheim auf einer von 2 Seiten geschützten Anhöhe, Hochfeld genannt, lag. Von hier mag die Straße sich getheilt haben. Eine zieht in gerader Linie nach der Gegend von Praunheim und Hedernheim fort. Bis dahin ist sie fast überall mehrere Stunden weit nicht allein noch sichtbar, sondern sogar noch fahrbar. Hier erreichte sie die zweite bedeutende Römerstätte. Von da an zeigt sie sich wieder bei Bonames längs der Wiesen als eine gepflasterte Straße. Sie wird hier von der s.g. "langen Meile" fast in rechtem Winkel durchschnitten und zieht alsdann durch das Nieder-Erlenbacher Gebiet, wo, wie oben erwähnt (da, wo der Weg nach Ober-Erlenbach sie durchschneidet), ein Distrikt die Säule genannt wird. In gerader Linie zieht sie nordöstlich weiter fort, läßt Kloppenheim eine hundert Schritte rechts liegen und geht sodann bis gegen Okarben, wo sie sich an der Chaussee verliert, und zwar in einer Richtung, wo jene Römerstätte liegt, die man, wie unseren Lesern erinnerlich sein wird, Heidenkopf oder Heidenschloß heißt.

2) Derjenige Theil, welcher bei Hofheim abgieng, muss wohl in der Gegend von Höchst (am Main) die Nidda überschritten haben und dort nach einer anderen bekannten Römerstätte gezogen sein, deren Spuren man seit längerer Zeit gefunden hat. Es ist möglich, dass sie alsdann weiter nach Bergen gieng, wo sie wieder eine Römerstätte erreichte. Doch ist wahrscheinlicher, dass sie Straße nach Bergen von Hedernheim über den Heiligenstock gieng. Von Bergen aus zog sie über die Höhe auf der Wasserscheide in nordöstlicher Richtung, an dem zwischen Windecken und Hanau stehenden Wartbaume (in dessen Nähe gewiß einst eine alte Römerwarte stand) vorbei bis Marköbel oder Langenbergheim hin. In dieser letzten Richtung ist sie noch jetzt sehr deutlich zu erkennen und führt den Namen "hohe Straße".

3) Noch eine zweite Straße muß bei Hofheim oder Diedenbergen abgegangen sein, um eine mehr nördliche Richtung in der Nähe des Taunus zu nehmen. Der Stumpffschen Karte nach führt die zwischen Gonzenheim und Ober-Eschbach durch, wo sie eine Strecke weit die Gränze zwischen dem Großherzogthum und der Landgrafschaft Hessen macht und von der "langen Meile" durchschnitten wird. Ihrer geschieht auch urkundlich im Jahr 1324 bei Holzhausen Erwähnung, wo sie "Mainzer Straße" (strata Moguntina) genannt wird. Hier muss sie sich wieder getheilt haben, so dass die Eine mehr rechts nach Friedberg zog. Diese letztere wird in einer Urkunde von 1336 genannt. Die andere zeigt sich noch jetzt sehr deutlich von Oberrosbach an, wo sie den Namen Butzbacher oder Weinstraße führt, westlich der Haselecke (einem der Herrn von Ritter gehörenden Hofe) und Ober-Mörle vorbei, Ostheim dagegen links lassend, nach Butzbach zieht. Noch vor 25 Jahren war sie sehr besucht.

Zwischen der zuerst genannten Haupt- oder hohen Straße und der zuletzt erwähnten Butzbacher Straße zeigen sich die Spuren von noch 2 anderen alten Straßen. Die Eine zieht von Ober-Erlenbach über Rodheim, Niederrosbach und Ockstadt. Sie war eine alte Geleitsstraße und hat das Auffallende, dass sie sehr gerade Linie darbietet. Die andere geht über Peterweil. Dass hier wenigstens eine Weinstraße im Mittelalter war, geht u.U. aus einer Urkunde von 1393 hervor, nach welcher Philipp von Falkenstein von Kaiser Wenzel das Recht erhielt, einen Weinzoll zu erheben. Sie läßt Oberwöllstadt rechts liegen und zieht nach Friedberg. In früheren Zeiten führte sie den Namen "Mittelstraße", war ehemals Geleitsstraße und sehr stark besucht, ehe die neue Chaussee von Vilbel nach Friedberg angelegt war. - Wir wollen übrigens nicht mit Bestimmtheit behaupten, dass diese beiden zuletzt genannten Straßen römische gewesen seien. Aber eine von beiden war es gewiß, weil sie Friedberg mit Mainz in direkte Verbindung setzte. Den bei Friedberg befindlichen Spuren nach zu urtheilen war es wohl die erstere von beiden. Es zeigen sich nämlich einige Minuten südwestlich von der Stadt nach den beiden Orten Rosbach zu auf der alten Straße recht deutlich die Reste eines Straßendammes mit Steinen, der ohne Zweifel römischen Ursprungs ist, in neuester Zeit aber viel von seinem alten Aussehen verloren hat. An derselben lag der längst ausgegangene Ort Straßheim, welcher gewiß von ihr seinen Namen führte. Dass beim Abbrechen der alten Kirche daselbst im J. 1804 ein römischer Votivstein gefunden wurde, ist bereits oben erwähnt worden. Zu bemerken ist aber noch, dass von uralten Zeiten her das Geleit über Straßheim gieng. Jene Straße muss die Verbindung mit der durch Oberrosbach, sowie mit der durch Rodheim und Niederrosbach führenden Straße gemacht haben.

5) Eine Viertelstunde südwestlich von Friedberg geht von der obenerwähnten Verbindungsstraße eine Weg ab, welcher der "grüne Weg" heißt, die Gränze zwischen Straßheimer und Ockstädter Feld bildet und in ziemlich gerader Linie nach dem (westlichen) Gebirge und zwar nach der Capersburg zieht. Auch dieser Weg scheint römischen Ursprunges, aber zunächst wohl keine Straße, sondern befestigung gewesen zu sein. Ich schließe dies daraus, weil er erstlich an mehreren Stellen noch so vertieft erscheint, wie gewöhnliche Wege in Flächen nicht sind, und zweitens in dem oben Seite 176 Note 291 erwähnten "Grävengericht zu Assenheim" von 1409 eine "Schutzhude" genannt wird.

6) Im Westen der Stadt Friedberg zieht wieder eine alte Straße westlich nach der Gebirgshöhe hin. Auch sie bildet eine geraume Strecke eine ziemlich gerade Linie; auch sie macht die Gränze zwischen zwei Ortsgebieten, Ockstadt und Nauheim, und auch auf ihr bemerkt man hier und da die Spuren eines Steindammes. Aus diesen Gründen möchte ich sie ebenfalls für eine Römerstrasse halten. Auf dem Gebiete des Hofes Haseleck verschwindet sie zwar; man bemerkt aber dort einen alten Graben mit Gebüsch, welcher mit dem früheren Wege eine und dieselbe Linie bildet und wohl eine Fortsetzung desselben gewesen sein kann.

7) Nordöstlich von Friedberg zeigen sich 2 alte Hohlwege, beide nach der Wetter hinziehend. Der Eine stößt auf den kurhessischen Ort Schwalheim, der Andere auf die Winkel- (Born-) Mühle. Dicht an dem letzteren, oben auf der Höhe, stand bis vor etwa 30 Jahren der alte Friedberger Wartthurm. Jenseits der Mühle nimmt die alte Straße auf etliche hundert Schritte eine östliche Richtung und zieht dann von der Nähe des Sauerbrunnens an wieder nordöstlich auf die Höhe der Dorheimer Weingärten. In dieser Richtung sah man bis auf die neuesten Zeiten sehr deutlich an mehreren Stellen die Spuren eines alten Steindammes. Auf der Höhe nördlich von Dorheim theilt sich die Straße. Eine zieht in schnurgerader Richtung nach Norden, bis in dem östlich von Münzenberg gelegenen Felde wiederum eine andere von ihr abgeht, macht nun einen kleinen Winkel und bildet dann wieder eine gerade Linie bis Trais-Münzenberg, wo eine alte Brücke über die Wetter führt. Jenseits derselben wird sie wieder gerade bis gegen die Altenburg bei Arnsburg, wo sie endet, nachdem sie vorher noch einen kleinen Bogen machte. In neuesten Zeiten sind an mehreren Orten die Spuren dieser Straße, welche noch vor 20 Jahren ganz erhalten war, verschwunden. Doch erkennt man auch da noch die Richtung an den Gränzen ganz deutlich. An mehrern Stellen ist jetzt das Steinlager noch sehr bemerkbar, und im Felde nordwestlich von Wölfersheim ist sogar eine Stelle, wo sie einen 6 bis 8 Fuß hohen Steindamm bildet. ...

8) Die andere Straße, welche nördlich von Dorheim sich trennt, zieht in gerader Linie etliche Stunden Weges weit nach der Gegend von Echzell. Auch sie heißt "hohe Straße" und wird selbst in den Geleitsakten so genannt. Aber der Steindamm, welcher sich einst auf ihr zeigte, verschwand nach und nach fast ganz, da die Gegend ziemlich arm an Steinen ist.

9) Da, wo die vorige in dem Münzenberger Felde sich etwas beugt, geht, wie oben angedeutet, von ihr eine andere Straße ab. Letztere zieht ebenfalls, Wohnbach links auf der Seite lassend, in schnurgerader Linie nach der Gegend von Echzell. Der mündlichen Versicherung des Herrn Berginspektor Storch zufolge fand sich bei vorgenommenen Bohrversuchen der eigentliche Steindamm derselben 6 Fuß unter dem jetzigen Boden.
Überschaut man die 3 zuletzt genannten Straßen, so wird man finden, dass sie ein großes, fast gleichseitiges Dreieck bilden, dessen Basis, die erstgenannte Straße, etwa 3600 großh. hess. Klafter beträgt. Nirgends habe ich das römische Straßensystem in geraden Linien, wie hier, so deutlich wahrgenommen. Darum halte ich es auch für Pflicht, Freunde des Alterthums darauf aufmerksam zu machen.

10) Da, wo die nach der Altenburg bei Arnsburg führende Linie endigt, kommt von Südwesten her noch eine andere alte Straße, welche sich in dieselbe einmündet. Bemerkenswerth ist, dass beide, laut der Versicherung des Herrn Rentamtmann Fabricius zu Arnsburg, in alten Flurbüchern besonders ausgesteint sind und darin "Heerstraßen" genannt werden.

11) Südlich von Arnsburg zeigt sich die Spur von noch einer anderen alten Straße, welche die Richtung von Trais-Münzenberg nordöstlich und zwar zuerst zwischen Birklar und Bettenhausen, dann zwischen Lich und Langsdorf nach der Gegend von Grünberg hin nimmt. Sie ist an mehreren Stellen noch sichtbar oder wenigstens ausgesteint und heißt beim Volke "Heerstraße".

12) Eine von der obengenannten "hohen Straße" in südöstlicher Richtung nach Wölfersheim abgehende Straße wird, wie wir oben schon bei der Römerstätte bemerkt haben, die Steingasse genannt. Sie scheint von Wölfersheim nach Melbach gegangen zu sein und mit der später zu nennenden Malstätter Straße in Verbindung gestanden zu haben.

13) Wir kommen wieder in die Nähe von Friedberg und bemerken hierbei, dass die von dieser Stadt nach Butzbach führende alte Landstraße wahrscheinlich auch eine Römerstraße war. Sie wurde erst im Anfange diese Jahrhunderts bei Anlegung der neuen Chausse verlassen. Man sieht aber ihre gerade Richtung über anderthalb Stunden weit, zuerst in der Hohle östlich von Niedermörle nach der s.g. Platte zu, und ebenso jenseits derselben, wo die gerade Linie östlich an Niederweisel vorbei nicht nach Butzbach selbst, sondern, dieses rechts lassend, nach der Hunnenburg zieht. An einem Orte sah ich sogar Reste einer alten Steinlage.

14) Zwei alte Straßen, wovon die eine von Bruchenbrücken, die andere von Assenheim kommt und dort "Münzenberger Straße" heißt, vereinigen sich nördlich von Assenheim zu einer. Von da zieht sie sich östlich um das Ossenheimer Wäldchen und heißt hier "hohe Straße". Auffallend bildet sie hier an mehreren Plätzen, die nicht weit voneinander entfernt sind, beinahe rechte Winkel, geht dann an dem s.g. Zechhause vorbei, dessen Stelle sonst Mahlstatt hieß, und führt nun bis nach Melbach den Namen "Malstätter Straße". Aus der Breite dieser Straße und ihren Aufwürfen hier und da, sowie aus dem oben erwähnten Umstande, dass sie an mehreren Stellen rechte Winkel bildet, möchte man fast schließen, dass sie eine alte Befestigungslinie war, welcher entlang ein Weg zog, der bei größerer Frequenz nach und nach eine Landstraße wurde. Bisher wurde sie immer noch bei trockenem Wetter stark befahren.

15) Von Staden, wo eine alte Brücke über die Nidda führt, bemerkt man in der Richtung nach Bingenheim und Echzell über die Anhöhe weg an mehreren Stellen die Spuren einer alten Straße.

16) Nördlich von Echzell erscheint wiederum eine solche; sie zieht am Häuser Hofe vorbei nach Oberwiddersheim und von da über die Höhe weg nach Glaubzahl und Ulfa. Jetzt ist sie fast überall zu Feld und Wiese benutzt, heißt aber immer noch die Schotter Landstraße.

17) Einst war auch die Straße über Hungen als "alte Leipziger Straße" sehr frequent.

18) Eine alte Landstraße, vielleicht mit der vorigen einerlei, führte über Oberwöllstadt, Fauerbach II. nach Dorheim, jenseits welcher sie sich mit der "hohen Straße" in Verbindung setzte.

19) Eine andere alte Landstraße führt durch Heldenbergen, Eichen rechts lassend, nach Altenstadt. Auch sie wurde bisher noch stark benutzt. Von Altenstadt führt sie über den „alten Thurm" bei Leustadt (einem Hofe) vorbei, dicht um Effolderbach nach dem Bieberberge. Noch jetzt ist der Boden derselben bei Effolderbach Gemeindegut und wird alljährlich verpachtet.

Ich muß hier noch mehrerer Straßen gedenken, welche zwar frühe vorkommen, von denen indessen zweifelhafter bleibt, ob sie römischen Ursprungs sind:

a) von Kleinkarben, östlich an Großkarben vorbei, nach Ilbenstadt;

b) von Rendel über Burggräfenrod auch nach Ilbenstadt;

c) von Ilbenstadt nach Friedberg zwischen Oberwöllstadt und Bruchenbrücken. (Nur hier und da sind Reste von ihr bemerkbar; sie heißt aber auch Weinstraße);

d) die alte Landstraße, welche östlich von Kloppenheim vorbeizog;

e) Die alte Geleitsstraße, welche über Wohnbach, Obbornhofen, Bellersheim und Langsdorf gieng.

f) Daß auch von dem Taunus alte Kunststraßen nach den Maingegenden hin zogen, ist bekannt. Wir wollen u.U. hier nur an die gepflasterte Straße erinnern, welche von dem Altkönig herab nach der Gegend von Hedernheim zieht. Ebenso führt von der Saalburg nach Homburg von von da weiter die schon oben erwähnte "lange Meile", die gewiß eine alte Römerstraße ist, über Bonames. Sie erscheint auch als Geleitsstraße.

Noch müssen wir mehrerer Straßen gedenken, welche zwar nach meinem Dafürhalten nicht römisch, auch meist außerhalb der Wetterau gelegen, aber doch alt sind und zum Theile historische Bedeutung haben.

a) So bemerkt man die Reste einer alten "Weinstraße", der Wellerweg genannt, zwischen der Issel und dem Hausberge bei Butzbach. Sie soll sich nach dem Westerwalde hin ziehen.

b) Die alte Reff- oder Reffenstraße im östlichen Theil von Oberhessen. Sie scheint eine Fortsetzung jener hohen Straße zu sein, welche von Bergen nach Marköbel zieht, fängt südöstlich von Büdingen beim Reffenkopfe an, woher sie den Namen hat, und wendet sich nordöstlich über die Höhen weg nach Wächtersbach zu.

c) Die alte Straße, welche, nach Schmidts Versicherung, Fulda mit der Amöneburg verband. Sie zieht von Gemünd, welches ihr seinen alten Namen, nämlich "Gemünd an der Straße", verdankt, nach Homberg und soll, (nach der Versicherung des ehemaligen Revierförsters, jetzigen Forstinspektors, Herrn Hofmann) mit einem großen Aufwande von Kräften verfertigt worden sein. Auch Winkelmann gedenkt ihrer, und des "Burggemündener Straßengerichts" geschieht urkundlich bei Kuchenbecker Erwähnung. Beim Volke heißt sie der "Steinweg".

d) Bei Beuern im Busecker Thale zieht eine Straße, "hohe Straße" genannt, durch einen gleichnamigen Walddistrikt nach Klimbach und Allendorf, wo sie (der Versicherung des Hrn. K. Bernbeck zufolge) "Heerstraße" heißt.

e) Endlich geschieht in alten fuldischen Urkunden schon unterm Jahr 812 und 885 einer Straße Erwähnung, welche bald Landstraße (Landesstrazza), bald Heerstraße (Heristrazza) genannt wird und zwischen Altenschlirf und Schlitz, in dem Kirchengebiete dieser Orte, und zwar in der Gegend von Landenhausen zu suchen ist. Die Urkunden lassen es zweifelhaft, wohin sie gezogen sein mag. Der Geschichtschreiber Schmidt vermuthet, daß sie Fulda mit der Gegend von Alsfeld verbunden habe. Auf jeden Fall ist sie doch wohl mit einer der zuletzt genannten Straßen in Verbindung gewesen und ein Zweig derselben. Auf diese wenigen Angaben muß ich meine Nachrichten über die alten Straßen unserer Gegend beschränken. Niemand fühlt mehr, als ich, wie mangelhaft diese Nachrichten sind; indessen ist doch damit wenigstens ein Anfang gemacht. Wer aber weiter forschen will, bedarf vor allen Dingen genauer Ortskarten mit Bezeichnung der einzelnen Felder und Distrikte; er wird alsdann, da er nicht überall selbst an Ort und Stelle nachzusehen vermag, die Richtungen der verschiedenen alten Straßen am Sichersten kennen lernen. Will er aber auch genauer die Römerstraßcn von andern unterscheiden lernen, so wird es nöthig sein, zuvor noch sorgfältiger, als es mir möglich war, die Römerstätten aufzusuchen und dann die nach ihnen hinziehenden alten Straßen an gewissen Orten zu durchschneiden. So mühsam dieses Alles sein mag, so halte ich es doch nicht für unmöglich, nach und nach das Straßensystem der Römer in seiner ganzen Vollständigkeit zu erforschen.