Weitere Originalquellen zu Altstraßen (auszugsweise)

Das Römerkastell Saalburg bei Homburg vor der Höhe

Quelle: Jacobi, Luis und Cohausen, August v.: Das Römerkastell Saalburg bei Homburg vor der Höhe, 1897

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V. Die Wege und Straßen.

Südlich der Saalburg laufen drei aus der Ebene heraufführende Römerstraßen zusammen:

1. Die Straße Heddernheim-Saalburg. Sie wird schon von Neuhof 1780 als Römerstraße angeführt und seit dieser Zeit als solche in die Karten eingezeichnet. Vom Kastell zur Ebene verfolgt, zieht sie von der porta decumana aus durch den «Hammelhans», am «Balzer Höhlchen», dem «Reißberg» und rechts von Dornholzhausen vorbei, durchschneidet am «Alleehaus» die Tannenwalds-Allee, führt von da an dem «Platzenberg» (Placzeberg)¹) vorüber durch das Niederstedter und Bommersheimer Feld nach dem sogenannten «Heidenfeld» bei Heddernheim und mündet in ein nördliches Seitenthor dieser römischen Stadt ein. Nach Professor Wolff (Limesblatt Nr. 9, S. 274) durchzieht sie den alten römischen Ort und läuft in gerader Richtung, die Nidda wahrscheinlich mittels einer Brücke überschreitend, weiter nach Frankfurt. Die Straße ist mit ihrer Steindeckung im Walde sowie im Niederstedter Felde (westlich von Homburg) noch vollständig erhalten und wird an manchen Stellen noch benutzt, während sie bei Bommersheim und Heddernheim infolge der Konsolidation teilweise verschwunden und nur noch in einzelnen Hohlwegen äußerlich sichtbar ist. Sie bildet eine gerade Linie von 14 km Länge und steigt bis zum «Hammelhans» sanft und von da ab etwas stärker an; doch ist im Ganzen auch dieser Teil nicht steiler als die 1816 angelegte Chaussee Homburg-Saalburg-Usingen, welche eine auf die ganze Länge verteilte Steigung von 300 m hat. Von den verschiedenen Straßen, die von dieser Hauptstraße abgehen, ist diejenige, die unterhalb des Kirdorfer Baches in den Röderwiesen abzweigt, zu erwähnen; sie führt durch die «Gluckensteinhohle ²) u.s.w. nach dem den Römern bekannten Homburger Quellengebiete, wo sie sich mit dem «Mainzerstraße», auch «Wein-» oder «Steinstraße» genannten römischen Straßenzuge kreuzt, der nach den römischen Ansiedelungen der Wetterau und der Main- und Nidda-Ebene führt.

2. Die im Jahre 1873 wieder aufgefundene und festgestellte Straße, welche die römischen Niederlassungen Seulberg, Erlenbach, Petterweil etc. und überhaupt die Wetterau mit der Saalburg verbindet, zweigt 480 m unterhalb des Decumanthores an der Gräberstätte von der Heddernheimer Straße ab, führt durch den «Fahrborn», den «Rothlauf», die «Preulwiesen» und den «Damm- wald» zwischen Friedrichsdorf und Seulberg, an dem alten Dillingen (Wüstung) und an der «Hunburg» (römische Niederlassung) vorbei und mündet vor dem «Loh Wäldchen» an einem römischen und fränkischen Gräberfelde in die obengenannte «Steinstraße» ein. Diese Straße, die von der Saalburg bis zu den «Wolfshecken» noch teilweise erhalten und in Benutzung ist, bildete gerade von der Saalburg ab bis zum Ende der «Sylva Lothari», jetzt das «Kirdorfer Lazariusfeld» genannt, die Grenze zwischen der Hohen- und der Seulberger Mark und wird in dem Markumgang von 1585 «der hohle Weg» oder «die alte Straße» genannt. Sie ist auch bei der Teilung der Marken im Jahre 1813 Grenze der Seulberger und Kirdorfer Gemeindewaldungen geblieben.

3. Die dritte Hauptstraße, die aus der Ebene nach der Saalburg führt, ist der «Lindenweg»; erst im Sommer 1883 habe ich ihren römischen Ursprung nachgewiesen. Diese Straße ist wohl die älteste der drei genannten und mag wohl schon lange, bevor die Römer ins Land kamen, der Urbevölkerung zur Vermittlung des Verkehrs der Rhein- und unteren Mainebene mit dem Überhöhischen Gebiete gedient haben. Sie wird in den Umgängen der Hohen Mark von 1586 und 1609 als «Maintzerstraße» bezeichnet und hat sicherlich in der Römerzeit den Besatzungen von Mainz und der Saalburg als Verkehrsweg gedient; auch war sie Handels- und Kriegsstraße und wurde nicht allein in den ältesten Zeiten, sondern auch noch im Mittelalter und zwar bis in unser Jahrhundert als solche benutzt; so im Jahre 1792 bei dem Vormarsch des Obersten Houchard, der mit 8000 Mann Franzosen von Höchst aus nach Usingen und der Lahngegend erfolgte. Heute vermittelt sie nur den direkten Verkehr der unmittelbar nördlich hinter der Saalburg wohnenden Landbevölkerung mit derjenigen von Oberstedten, Oberursel etc. Der Lindenweg ist von der Saalburg bis nach der Urseler Hohe-Mark-Chaussee in seiner alten Richtung noch teilweise vorhanden und hat im Laufe der Jahrhunderte nur kleine Verlegungen wegen anderweitiger Waldanlagen und Ausrodungen erfahren. Als uralte Straße ist er durch Hügelgräber, den «Heidenwall» und sonstige vorrömische Befestigungen im Urselthale, als Römerstraße durch die teilweise noch erhaltene Bauart und die unmittelbar daran liegenden römischen Niederlassungen «Heuchelheim», «Heuserfeldt» etc. kenntlich. Die Straße durchschneidet von der Saalburg aus die Walddistrikte Rosengarten, Blutige Haide, Hollewiesen, Rosengärten, Haidfeld und Heideküppel, überschreitet den Urselbach, geht in alten Flur- und Gemarkungswegen über Stierstadt und Steinbach und mündet etwa bei Höchst-Nied in die sogenannte «Elisabethenstraße», die nach Kastel-Mainz führt.

An der Saalburg selbst ist ihre Verlängerung noch durch die nordöstlich vom Kastell vorhandene Römerstraße markiert (Taf. I und XIII); sie führt zum Pfahlgraben, den sie am «Eisern (Äußeren) Schlag» durchschneidet, und setzt sich als alter Hohlweg weiter nach der Use zu fort. An diesem Wege, der nördlich von Wehrheim vorbeizieht, sind im Jahre 1894 beim Bau der Bahn Homburg-Usingen, da wo der Wehrheimer Bahnhof errichtet wurde, sieben schöne, reich verzierte praehistorische Bronze-Armringe gefunden worden, die dem Museum für Völkerkunde in Berlin von der Kgl. Bahnbau Verwaltung übergeben wurden.

In der nördlichen Verlängerung jenseits der Saalburg sind nach dem Chattenland führende Straßen in alten Hohlwegen noch erkennbar und leicht festzustellen.

Außer den drei obengenannten, aus der Ebene nach der Höhe verlaufenden Straßen, sind als römische Hauptverbindungswege, von der Saalburg ausgehend, hier anzuführen:

1. Eine Verbindung der oben angeführten drei Straßen mit dem Pfahlgraben; sie zieht in gerader Richtung an dem «Rosengarten» und der «Preußenschanze» vorbei nach dem Pfahl und mündet etwa 600 Schritte östlich von den Türmen am «Weißenstein» in den diesseits des Walles herlaufenden Weg ein. (Tafel I.)

2. Zwischen der «Preußenschanze» und dem «Rosengarten» läuft ein alter, gestückter Weg von dem Kastell aus nach Südwesten, und zwar am Fuße des Emesbergs nahe bei den Quellen des Kirdorfer Baches vorüber, wo Ende des 17. Jahrhunderts ein römisches Steindenkmal und im Jahre 1894 ein Nymphenstein (siehe den Abschnitt «Inschriften») gefunden wurde. Im weiteren Verlaufe führt er im Gebirge am «Schmied Wäldchen» ³) vorbei und direkt nach den Befestigungen an der «Goldgrube», wo vorrömische und römische Altertümer, darunter eine Bronzemünze von Commodus, gefunden wurden. Dieser Weg hat sich durch seine Bauart und nach den an seinen Durchschneidungen gefundenen Altertümern als sehr alt und schon zur Römerzeit benutzt erwiesen.

Ebenso wie an der Saalburg traten auch bei den umfangreichen Nachgrabungen während der letzten 25 Jahre in der Umgebung von Homburg, Dornholzhausen, Gonzenheim, Kirdorf, Seulberg und Oberstedten, wobei sieben römische Ansiedelungen festgestellt wurden, noch eine große Anzahl römischer Wege zu Tage, die unter sich und wiederum mit den drei obengenannten Hauptwegen, sowie mit dem großen römischen Wegnetze in der Wetterau verbunden sind. Es würde zu weit führen, diese Weg- und Straßenanlagen hier im Einzelnen anzuführen; in seiner «Urgeschichte von Frankfurt a. M. und der Taunusgegend» hat Dr. Hammeran die vorrömischen und römischen Wege eingehender behandelt und auf einer übersichtlichen Karte eingetragen. Für die Betrachtung der Saalburg genügt es, auf die Hauptverkehrswege hingewiesen zu haben, umsomehr als an ihnen römische Wohnstätten lagen, die nicht allein untereinander, sondern auch mit dem Limes und der Saalburg in Verbindung standen und den Beweis für die Bedeutung der Letzteren liefern. Allerdings dürfte es zur Zeit noch nicht leicht sein zu entscheiden, welche Straßen und Wohnstätten schon in der ältesten Zeit der Römerherrschaft diesseits des Rheines am Taunus bestanden, wie allmählich das Dekumatenland angebaut wurde, und in welcher Weise sich die Ansiedelungen vollzogen haben.

Es sei hier noch erwähnt, daß öfter neben alten Hohlwegen, die wegen der dabei gefundenen Mardellen (Erdwohnungen) als vorrömische Anlagen zu betrachten sind, ausgebaute römische Straßen liegen; besonders tritt dies an der alten «Mainzerstraße» zwischen Gonzenheim und Obereschbach an der umfangreichen Römerstätte «Steinkritz» hervor. Auch Professor Wolff hat derartige Beobachtungen gemacht. Es scheint demnach, daß die vorrömischen Wege schon damals Hohlwege waren und ein regelrechter Ausbau derselben mehr Schwierigkeiten gemacht hätte als der Bau neuer. Die Römer legten deshalb, indem sie die alte Richtung beibehielten, dicht neben den Hohlwegen ihre eignen Straßen an, denn das Gelände hatte keinen großen Wert und die Ausfüllung der Hohlen war zeitraubend und mühsam. Doch ist nicht ausgeschlossen, sondern sogar wahrscheinlich, daß andere vorrömische Verbindungswege, die in festem Boden lagen und noch nicht tief ausgehöhlt waren, je nach Bedürfnis später von den Römern nach ihrer Technik ausgebaut wurden. Wir haben daher sicher in manchen Römerstraßen die alten Wegzüge der Urbevölkerung vor uns.

Der eigentliche römische Wegbau ging Hand in Hand mit den Besiedelungen; das Eine ist ohne das Andere kaum denkbar, doch wird das uns jetzt allmählich am Taunus und in dem Vorlande bekannt gewordene große Wegnetz vor der definitiven Grenzfestlegung und Errichtung des Pfahlgrabens kaum ausgeführt gewesen sein, also etwa um die Mitte des zweiten Jahrhunderts. Kaiser Maximinus (235-238) soll in der Mainebene und in der Wetterau die Straßen wieder in Stand gesetzt und bedeutend ver- bessert haben.

Es ist ein Irrtum, lediglich die Geradlinigkeit als typisches Kennzeichen der römischen Wege anzunehmen, im Gegensatze zu den vorrömischen Wegen, die ängstlich jede Terrainschwierigkeit umgehen; denn es giebt viele Römerstraßen, die, obwohl sie von einem zum anderen Orle die kürzeste Linie innezuhalten suchen, doch beträchtliche Winkelzüge machen; und zwar geschieht dies entweder in der Absicht, große Steigungen zu vermeiden, oder um besonders wichtige Punkte zu berühren, ein Verfahren, das in ähnlicher Art noch heute bei Anlage unserer Eisenbahnen beobachtet wird. Wege nach steilen Gebirgen wurden auch von den Römern, wie heute noch, kurvenartig angelegt. Die Geradlinigkeit der Hauptstraßen ist meines Erachtens für die Land Vermessung mitbestimmend gewesen, wobei die Straßen gleichzeitig als Ordinaten dienten. Ähnlich ist dies auch in Pompeji und anderen italienischen Städten nachgewiesen worden. Die Vermutung liegt daher nahe, daß wir in der vollständig geradlinigen und fast genau orientierten Straße von der Saalburg nach Heddernheim und darüber hinaus weiter gehend den Kardo *) des Dekumatenlandes zu suchen haben. In dieser Annahme wird man auch noch durch die rechtwinkelige Durchschneidung der Saalburg- und der Elisabethenstraße sowie anderer parallel dazwischen liegender Wege bestärkt. An unsere schnurgerade verlaufende Saalburgstraße dürfte sich die römische Feldereinteilung, deren Furchen rechtwinkelig darauf gezogen sind — was in alten Flurplänen heute noch erhalten ist —, angeschlossen haben. Allerdings liegt nach dieser Richtung hin noch zu wenig Beweismaterial vor, um schon jetzt ein abschließendes Urteil zu fällen; ich wollte nur die Frage hier nochmals **) anregen, um die Lokalforscher auf diesen wichtigen Punkt hinzuweisen.

Zur Vervollständigung schließe ich Einiges über Tracierung und Konstruktion der römischen Wege und Straßen hier an. Die Herstellung derselben wird kaum von der heute noch gebräuchlichen Methode abgewichen sein: Zuerst erfolgt die Tracierung der Straßenachse, die im freien Felde zwar einfach ist, in den Wäldern dagegen, wo erst Schneisen gehauen werden und Ausrodungen stattfinden müssen, beträchtliche Schwierigkeiten macht. Nachdem diese geschehen, wird die Straßenbreite durch zwei Furchen, die später in der Regel zu Gräben ausgebaut werden, begrenzt und die dazwischen liegende Erde bis auf einen festen Untergrund ausgehoben. Hand in Hand damit geht die Festlegung des Gefälles, das wieder von den Bedürfnissen, denen die Straße dienen soll, abhängig ist. Hierauf erfolgt die Stückung oder Aufschüttung mit Steinen, Kies etc. und das Feststampfen oder Walzen; zuletzt bedient man sich kleineren Materials zur Bedeckung des Unterbaues und versetzt diese Schicht mit Lehm, um ihr mehr Bindung zu geben. Die Anlage der Straße hängt selbstverständlich von dem Verkehrsbedarf, dem Terrain und dem Baumaterial ab, worauf in jedem Einzelfall Rücksicht zu nehmen ist. So war es auch an der hoch auf dem Taunus gelegenen Saalburg, dem Limes und in der davorliegenden Ebene, wo sich verschiedene Straßenkonstruktionen vorfinden. Daß im römischen Grenzlande die Straßen nicht so konstruiert sind, wie sie uns die alten Schriftsteller beschreiben, und wie sie heute noch im Mutterlande erhalten sind, ist begreiflich. Diese waren ebenso bequem als dauerhaft und sind bekanntlich das Vorbild für unseren gegenwärtigen Chausseebau geworden. Straßen aus polygonen Steinen, die auf einem drei Schichten hohen, auf Cement befestigten Unterbau aufliegen, kommen an der Saalburg ebensowenig wie regelrechte Pflasterungen vor. Auch Mörtel und Ziegelsteine fanden bei dem Straßenbau daselbst keine Verwendung, denn einfach gemörtelte Straßen dürften kaum einen deutschen Winter aushalten, und selbst die Herstellung moderner Cementwege macht des Frostes wegen große Schwierigkeiten. Immerhin aber sind bei uns Straßen gefunden worden, die ihren Erbauern alle Ehre machen, und die erst durch den neueren Straßenbau überholt sind. Seit der Römerzeit bis in den Anfang dieses Jahrhunderts wurden in Deutschland wohl wenige Straßen angelegt, die bezüglich ihrer Festigkeit einen Vergleich mit unseren römischen aushalten könnten.

Die Römer unterschieden öffentliche Straßen, viae publicae, consulares, militares und aggeres amici, und Privatwege, viae privatae, vicinales und agrariae, die alle bequem und dauerhaft erbaut waren. Im Allgemeinen läßt sich auch bei unseren römischen Straßen ein Unterschied zwischen Staatsstraßen und Privatwegen feststellen. Zu den Ersteren rechne ich diejenigen,welche von den Kastellen ausgehen, und die durchschnittlich in einer Breite von 20 römischen Fuß — ca. 6,00 m (Limesbreite) — mit solidem Unterbau und Gräben auf beiden Seiten angelegt sind. Zu den Anderen dürften die nur mit Kies beschotterten Wege von 2—5 m Breite, welche die Römerstätten untereinander verbinden und sich in den Bürgerlichen Niederlassungen den Wohnhäusern entlang finden, zu zählen sein. Die Römerstraßen sind in der Regel nicht sehr breit; die Via Appia hat in der Fahrbahn nur eine Breite von 4,30 m, so daß zwei Fuhrwerke sich gerade ausweichen konnten, an der Saalburg schwanken die Maße zwischen 5 und 7 m; der öfters und manchmal tiefer daneben liegende Fußsteig hat eine Breite von 1 — 1,20 m, wodurch sich eine Gesamtbreite von etwa 8 m ergiebt, und ist durch Randsteine von dem Fahrwege geschieden. Auf Tafel XIII und Textfigur 1 sind Querschnitte, wie sie an den bei der Saalburg zusammenlaufenden Straßen vorkommen, abgebildet. Hinsichtlich der Konstruktion giebt es im Allgemeinen kurz folgende Arten von Wegen und Straßen, und zwar drei von jeder Gattung:

1. Wege, die dem Boden angepaßt, aber in ein bestimmtes Gefälle gelegt sind, lassen sich in verschiedener Breite, besonders in den Verbindungswegen zum Limes erkennen; sie gleichen unseren Waldschneisen und hatten keinen eigentlichen Unterbau.

2. Wege derselben Art, doch mit einer Überschüttung von Steinmaterial, das mit thoniger Masse, die es zu einer festen Schicht verband, vermischt war; ein Material, das sich bei dem Brechen der Mauersteine in den Steinbrüchen an der Saalburg schon damals ergab, wo es auch heute noch gewonnen und zu solchen Zwecken verwendet wird. Solche Wege kommen hauptsächlich in der Bürgerlichen Niederlassung vor und haben eine Breite von 2-4 m.

3. Ähnliche Wege wie die vorigen, die nur an Stelle von kleinen Steinen mit rauhen, unbearbeiteten Platten, wie sie der Steinbruch oder das Gelände geliefert hat (Lesesteine), bedeckt sind. Sie waren nicht sehr breit — höchstens 2 m — und dienten im Kastell wie in der Bürgerlichen Niederlassung als Fußsteig vor den Häusern oder Baracken dem Verkehr von Haus zu Haus. In unseren Gebirgsorten trifft man heute noch Ähnliches.

Die nun folgenden Straßenkonstruktionen gehören mehr der Allgemeinheit an; ich möchte sie im Gegensatze zu den drei oben beschriebenen primitiven Arten, die auch einen privaten Charakter nicht verkennen lassen, als wirkliche Staats- und Heerstraßen — viae stratac und viae publicae — bezeichnen.

4. Profil einer gut chaussierten Straße, wie sie in und vor dem Kastell vorkommt (Fig. 1, A und Taf. XIII, J— K). Die Herstellung derselben geschah etwa folgendermaßen: Nach Vollendung des Planums, das auf dem Niveau der beiden Chausseegräben liegt, wurden die Bordsteine gesetzt und die Räume zwischen denselben mit drei bis vier Packlagen 30—40 cm hoch ausgefüllt; die unterste bestand aus größeren Steinen, die mit Zwischenräumen, wie die Rieselkanäle (vergl. Abschnitt XI, 3 «Entwässerungsanlagen») versehen waren, wodurch der Straßendamm nach den Chausseegräben hin, die womöglich im Gefälle lagen, leicht entwässert wurde. Die oberste, aus kleinem Steinschlag hergestellte Schicht war gewölbt und nach zwei Seiten abschüssig, wodurch der Regen rasch nach den Gräben abfloß und die Straße möglichst trocken blieb; solche Straßen heißen «gestückte».

5. Fig. 1, B stellt eine römische Straße dar, deren Herstellungsweise man in der neueren Technik mit dem Ausdrucke «makadamisiert» bezeichnet. Auf dem Planum sind zwischen den Randsteinen 12-15 cm hoch kleinere Steine, ebenfalls in gewölbter Form, aufgetragen, die zusammengestampft wurden. Bemerkenswert ist der Fußsteig auf einer der Seiten, der durch einen Bordstein begrenzt ist und durch eine sandige Schicht gangbar erhalten wurde; auf der anderen Seite, dem Bankett gegenüber, ist ein Graben angelegt.

6. Fig. 1, C. Dieses Profil ist in der Form und der Breite den beiden vorher beschriebenen gleich; in der Konstruktion aber ist die um das Kastell und nach Heddernheim führende, im Waldboden vollständig erhalten gebliebene Straße etwas abweichend, indem das Planum mit einer Lage großer Waldsteine und Platten uuregelmäßig überdeckt ist, doch kommen auf einzelnen Strecken auch zwei und mehr Lagen übereinander vor; man nennt sie auch «Plattenstraßen». Nahe an der Ostseite des Kastells, wo die Straße nach dem Pfahlgraben vorüberzieht (Taf. XIII, G-H), befindet sich eine von dem Waldboden bloßgelegte Stelle, wo Fuhrwerke tiefe Geleise eingeschnitten haben und die Spurweite der Wagen zu erkennen ist. Hier wie an den unter 4. und 5. genannten Straßen ist die oberste Schicht im Laufe der Jahre durch Regen abgeschwemmt und nur der eigentliche Unterbau erhalten. Eine solche Überdeckung bestand zweifellos wie an jeder modernen Chaussee aus kleingeschlagenen Steinen, die mit thonigem Sand vermischt waren. Das Material ist dem Gebiete der Saalburg entnommen und besteht aus Thonschiefer und Quarzit. In der Verlängerung der Straßen nach der Niddaebene hin fand das nächstliegende Material Verwendung und wechselt mit Quarziten, Kieseln, Wacken, Basalten und Rotliegendem.

Häufig kommt es noch vor, daß in und vor dem Kastell Straßen aus verschiedenen Perioden über einander liegen, sodaß der Steinkörper an manchen Stellen 0,50 m hoch ist. Diese Erhöhung ist sowohl durch Reparaturen als auch durch Auffüllung des Terrains bei Einebnungen nach voraufgegangenen Zerstörungen entstanden. (Vergl. Fig. 9.)

Schließlich möchte ich noch darauf hinweisen, daß der Transport von Waren, Lebensmitteln, selbst von Baumaterialien dem Pfahlgraben entlang wahrscheinlich auf schmalen Pfaden, die keine Spuren hinterlassen haben, auf dem Rücken von Pferden oder Maultieren geschah, ähnlich wie es heute noch in südlichen Gegenden der Fall ist. Dies würde auch eine Erklärung für das Fehlen fahrbarer Straßen am Limes sein. Bei Besprechung der Funde von Hufeisen und «Schlupfpfählen» (Rundnadeln) werde ich auf diese Frage näher eingehen.

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¹) Vielleicht hat der Berg seinen Namen von der Straße — Platea — und bedeutet den «Berg an der Platea» (Platea-Berg). Vergl. Nass. Ann. XVII. Römische Bauwerke von A. V. Cohausen und L. Jacobi. Auch an der Römerstraße, die von der Saalburg ausgehend nach der Mainebene (Mainz) führt, wird ein westlich von Oberursel gelegener Berg «Plotteberg» genannt. Auch über die bei Wiesbaden gelegene «Platte» führt eine Römerstraße, die am Kastell Zugmantel vorüberzieht.

²) Hohle = Hohlweg; der «Gluckenstein», fälschlicherweise neuerdings «Glockenstein» genannt, ist ein zwischen Homburg und Kirdorf gelegener uralter Grenzstein, bestehend aus einem etwa 2 m hohen Quarzitfelsen. Ich habe ihn im Jahre 1890 aufgraben lassen, doch fanden sich unter ihm nur die sogenannten «Zeugen» (kleine Kieselsteine), woraus sich ergeben dürfte, daß er urspiünglich als Grenzstein gesetzt war. Über den Namen vergl. auch die Anmerkung 36, betr. «Gickelsburg».

³) In dem «Schmiedwäldchen» sind alte Eisenbergwerksanlagen vorhanden, die man wegen der dabei gefundenen Altertümer für teilweise in die Römerzeit zurückgehend annehmen kann; auch gewinnt diese Vermutung durch sonstige Beobachtungen und alte Nachrichten an Wahrscheinlichkeit.

*) Über die Bedeutung des Kardo vergl. Rudorff, Die Schriften der römischen Feldmesser. Bd. 2, S. 342; und E. Stöber, Die römischen Grundsteuervermessungen. S. 80.

**) Vergl. Grenzmarkierungen am Limes. Westdeutsche Zeitschrift 1895, S. 147 ff.