Beitrage zur Geschichte der alten Heer- und Handelsstraßen in Deutschland.

Von Dr. Georg Landau

2. Abschnitt.

Straßen von Mainz und Frankfurt nach Leipzig.

Schon die Römer hatten von Mainz, ihrer Moguntia, oder vielmehr von dem am rechten Ufer begründeten Castellum verschiedene Straßen angelegt, welche sich noch als solche erkennen lassen. Die Kassel am nächsten liegende östliche Hauptstation war ein Kastell, welches eine Viertelstunde südwestlich von Hofheim lag und von welchem die Leipziger Straße sich in mehrere Arme zertheilte.

Straße von Mainz über Idstein nach Butzbach. Die westliche dem Leipziger Straßenzuge vorzugsweise angehörende Straße führte von Kassel über Wiesbaden an Idstein hin und über Usingen, Münster und Hohenweisel nach Butzbach, wo sie in die von Frankfurt kommende Straße einmündete.

Die alte Mainzerstraße. Eine andere von Kassel ausgehende Straße ist die s.g. hohe *) oder alte Mainzer Straße, welche auch Königs-Stein und Weinstraße genannt wird. In einer 36 Fuß breiten geraden Linie führt sie an der Hochheimer Warte vorbei neben Delkenheim, Diedenbergen und Marzheim und südlich an Hofheim hin, wo noch eine andere über Wickert und Weilbach führende Mainzer Straße eintrifft.

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*) Akten des 16. Jahrhunderts nennen sie die hohe Straße.

Von Hofheim gehen wieder mehrere Straßen gegen Osten aus *). Eine derselben, die hohe Straße, welcher sich 1594 Herzog Philipp von Braunschweig auf seiner Rückreise von Wiesbaden bediente, ging über Oberliederbach, Oberursel, Homberg und Holzhausen, wo sie sich der Oberstraße anschloß, welche weiter unten erwähnt werden wird und einen Arm, der Salzpfad genannt, über Niederrosbach nach Friedberg entsendete. Bei Holzhauscn wird die Straße 1329 und 1334 ausdrücklich eine mainzische genannt Holzhusin super stratam moguntia ante montana **); und in terminis ville Holzhusen super stratam moguntinam ***) und auch 1536 jener Arm als die „Straße gen Friedberg" bezeichnet.

Straße von Hofheim nach Okarben. Eine zweite Straße führte über Niederliederbach nach Praunheim und Heddernheim, zu der Trümmerstätte des dasigen römischen Vicus. Von da zieht die noch gepflasterte Straße längs der Wiesen von Bonames hin an Niedererlenbach vorbei, wo sie die Steinstraße und eine Strecke die Säule genannt wird, einige Hundert Schritte von Kloppenheim hin nach Okarben, von wo ich ihren weiteren Lauf später schildern werde. Daß sie wenigstens bis Okarben eine römische Anlage ist, kann nicht bezweifelt werden +).

Straße von Mainz über Höchst nach Frankfurt. Noch eine dritte Straße, die Mittelstraße, zog über Zeilsheim nach Höchst in die dort nach Frankfurt durchführende Straße. Diese Letztere, welche die Unterstraße genannt wurde, zieht von Kassel dicht am Mainufer hinauf über Flörsheim, Eddersheim, Sindlingen und Höchst nach Frankfurt. Im Jahre 1310 zog diese Straße Kaiser Heinrich VII. Am 29. Juli war derselbe noch zu Frankfurt, am 30. zu Höchst und am 1. August zu Mainz ++).

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*) Ich folge hier einer im Anfang des siebenzehnten Jahrhunderts eigens für diese Straße entworfenen handschriftlichen Karte.
**) Baur, N. B. des Klosters Arnsburg Nro. 610.
***) Böhmer. Cod. dipl. Moeno-Francofurt. I. 476.
****) Senckenbg. selecta jur. et hist. I. 205.
+) Vergleiche Dieffenbach "zur Urgeschichte der Wetterau" S. 254.
++) Böhmer, Regesten. Nr. 273 - 275.

Die Bergstraße nach Frankfurt. Endlich erwähne ich hier auch noch der vom Neckar kommenden Bergstraße, welche man schon 775 *) und später 1002 ausdrücklich als montana platea genannt findet **). Diese führte theils über Darmstadt nach Frankfurt, theils mehr links über den Main nach Höchst. Von da zog sie über Eschborn, Steinbach, Homburg an der Höhe, Kirrdorf, über die hessischen Zollstätten, Ziegenberg und Langenhain, und über Hochweisel nach Butzbach. Im sechszehnten Jahrhundert zogen die Kaufteute von Augsburg, Ulm, Memmingen, Ravensburg, Schwäbisch-Gemünd, Straßburg, Niklaspforten etc. auf der Bergstraße nach Frankfurt.

Straße von Oppenheim nach Höchst und Frankfurt. Auch von Oppenheim zog eine Straße über Mörfelden nach Höchst, sowie eine Ober- und eine Unterstraße ebenwohl über Mörfelden nach Frankfurt, dessen Gebiet sie beim Schafhofe erreichte. Auf diesen Straßen zogen die Kaufleute von Worms, Straßburg, Basel etc. nach Frankfurt.

Von Frankfurt gegen Norden führten drei Hauptstraßen, die oberste Straße, die Mittelstraße und die unterste Straße, von denen jede mehrere Geleise hatte.

1) Die oberste Straße zog über Bonames, Obererlenbach, Holzhausen, Oberrosbach, am Hofe Haselhecke hin, wo sie noch die alte Butzbacher Straße heißt und sich in zwei Bahnen theilte, von denen die eine in gerader Richtung über Obermörle, in dessen Nähe die Straße 1556 die Schlinge genannt wird, und über Ostheim, wo eine hessische Zollstätte sich befand, die andere in einem westwärts bis in die Nähe von Hochweisel ausgeschweiften Bogen, der noch jetzt die Weinstraße heißt, über die Höhen nach Butzbach führte, wo beide Bahnen sich wieder vereinigten.

2) Die Mittelstraße zog von Frankfurt aus bei dem Haarheimer Brunnen über die Nidda, über Niedererlenbach, Peterweil, wo Philipp Hr. von Falkenstein 1398 vom Kaiser einen Wein- und Güterzoll erhielt ***), an Oberwöllstadt vorbei, wo man sie noch jetzt die Heerstraße nennt, durch Friedberg an Niederweisel vorüber und nach Butzbach.

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*) Trad. Lauresh. Nr. 117.
**) Schannat, Hist. Wormat. Prob. p. 34.
***) Gudenus, Cod. dipl. V. 849.

3) Die unterste Straße. Diese zog durch Vilwel, dessen Brücke wenigstens schon 1338 vorhanden war *), westlich von Dortelweil hin, durch Kleppenheim, wo 1440 des Gebiets zwischen Frankfurt und Butzbach gedacht wird zwischen Okarben und dem Okarber Hölzchen hindurch, durch Niederwöllstadt und Bruchenbrücken, hinter dem sie noch jetzt die Hohe Straße heißt, am Bodenforst hin, durch Beienheim und Melbach, wo sie die Malstädter Straße genannt wird, am Wölfershain vorbei, durch Berstadt, wo die Abtei Fulda 1357 einen Zoll erhielt, und weiter auf und längs der jetzigen Kunststraße über Utphe und Inheiden, an Hungen vorbei; zwischen Wetterfeld und Münster überschritt sie mittelst der s.g. Hessenbrücke die Wetter und zugleich die althessische Grenze und führte dann nach Grünberg.

Eine andere zu demselben Ziele führende und wie es scheint noch ältere Straße zog auf dem Rücken zwischen Wetter und Horloff hinauf. In der Nähe der jetzigen Ludwigshütte führte sie von der Mittelstraße ab und ging über Oberwöllstadt, Fauerbach II. und Dorheim.

Hier theilte sie sich und während der eine Arm bei Melbach in die Unterstraße mündete, führte der andere in beinahe ganz nördlicher Richtung neben Södel und Wölfersheim vorbei Vesebach und Obbornhofen. Von Bellersheim zog sie an Langsdorf hin und vereinigte sich bei der Hessenbrücke mit der Unterstraße.

Diese Hauptstraßen wurden von einer Menge Nebenstraßen durchkreuzt und zerschnitten. Reisige Fuhrleute und Fußgänger pflegten — wie es in einer Akte des sechszehnten Jahrhunderts heißt, aus der jene Straßenbeschreibung besonders entlehnt worden ist, — "an etlichen Orten aus einer in die andern und hernach wieder aus der andern in die vorige, der Jahreszeit und des Wetters oder sonst eines jeden Gelegenheit nach, ihren Weg zu nehmen." So geschah dies damals namentlich vor Oberwöllstadt, wo die Fuhrleute sich aus der Mittelstraße in die unterste Straße schlugen und bei dem Okarber Hölzchen und dem Kleppenheimer Hofe hin nach Frankfurt zogen. Bisweilen fuhren die Fuhrleute von Bruchenbrücken durch die Nidda auf Ilbenstadt, zwischen der Nidda und Burggräfenrode hin, an Großkarben vorbei, unterhalb desselben wieder durch die Nidda und über Dortelweil und Vilwel nach Frankfurt.

Eher ich jene Straßen weiter verfolge, habe ich noch einige andere zu betrachten, welche theils in jene einmündeten, theils sie durchschnitten.

So ging eine Straße von Frankfurt über Bonames zwischen Ober- und Niederoßbach hindurch, über Obererlenbach, wo ein Arm nach Holzhausen in die Mainzer Straße führte, über Rodheim, Niederroßbach, Ockstadt und weiter auf Butzbach.

Noch eine andere Straße ging von Friedberg und Schwalheim aus. In einer ganz nördlichen schnurgeraden Linie zog sie über Wisselsheim bis in das östlich von Münzenberg liegende Feld. Hier macht sie eine kleine Krümmung und verschwindet bei der Altenburg über Arnsburg. Es ist wahrscheinlich dieselbe, welche eine Urkunde von 1352 die Steinstraße nennt.

Obgleich ihr weiterer Lauf nicht mehr sichtbar ist, so deuten diesen doch die Zollstätten zu Garbenteich und Steinbach an und weisen auf die Straße, welche über Beuern, Klimbach und Allendorf in den Ebsdorfer Grund führte.

Fortsetzung der obersten Frankfurter Straße. Die oberste Straße führte von Butzbach, wie dieses auch eine Urkunde von 1359 bezeugt, über Kirchgöns**) nach Gießen. Von da zogen Straßen zu beiden Seiten der Lahn hinauf***).

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***) Im J. l656 fuhr der Frankfurt-Kasselsche Postwagen zwischen Argenstein und Wolfshausen durch die Lahn.

Die am linken Lahnufer hinaufziehende Straße verließ bei Belnhausen, wo die vom rechten Ufer zu ihr stieß, das Lahnthal und stieg in nordöstlicher Richtung an der Zwesterohm im Ebsdorfer Grunde hinauf, in der Nähe von Hachborn die schon erwähnte von Arnsburg kommende Straße in sich aufnehmend. Von Wittelsberg aus hatte dieselbe zwei Bahnen, die eine zog über die Ohmbrücke *), die andere bei Kirchheim über die Ohm. Weiter zog die Straße über Langenstein und Erzdorf, wo sie einen Arm über die wüste Dorfstätte Trugelnord nach Neustadt sendete, während ihre Hauptbahn über Speckswinkel, hinter dem noch jetzt der alte Zollthurm sichtbar ist, über Momberg — wo der "gemeinen Landstraße" 1551 gedacht wird — und Treisa führte. Ferner durch den Leimsfelder Teich, zwischen Leimsfeld und Schönborn hindurch, durch den Schlag, welcher sich neben dem Thurme am Spieße befand **) und über Frielendorf nach Homberg.

Von Homberg zogen zwei Straßen in das Fuldathal. Die südlichste ging über Wichte, wo sie schon 1238 als eine öffentliche Straße (strata publica) erwähnt wird, und über die alte Brücke bei dem ausgegangenen Dorfe Leimbach dicht bei Altmorschen, die 1446 eine steinerne Brücke genannt wird und deren Pfeiler noch jetzt sichtbar sind, über die Fulda und über Eubach nach Spangenberg. Der nördlichere Weg führte links über Ostheim durch die Gemarkung von Elfershausen nach der Fähre bei Melsungen. Hier war eine Fähre zum Übersetzen, eine Herberge und eine Kapelle, welche alle dem Kloster Heida gehörten. Von da ging die Straße am Pfiefethale hinauf ebenwohl nach Spangenberg. Wahrscheinlich erst, nachdem die Leimbacher Brücke verfallen, wendete man sich, wenn die Fulda angeschwollen war, nach der Melsunger Brücke. Hier aber zog der Weg in's Pfiefethal über einen steilen Berg, auf dem das Melsunger Hochgericht stand. Der Weg um den Berg wurde erst angelegt, als vor beiläufig 40—50 Jahren der Postwagen von der Höhe in die Tiefe herabstürzte. Noch jetzt setzen alle aus den Werrastädten den Richtweg nach Homberg einschlagenden Reisenden, vorzüglich die Wagen, bei der Fähre, oder bei Morschen über die Fulda.

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*) Schon eine Urkunde, welche um's Jahr 1270 ausgestellt ist, nennt diese Brücke als eine steinerne (locum aput pontem lapideum iuxta Ameneburg).
**) Der Spieß ist ein waldiger vom Knüll ausgehender Bergrücken. Über seine Bedeutung als Gränze zwischen dem Oberlahngau und dem fränkischen Hessengau oder zwischen Ober- und Niederhessen, als Malstätte, und als Knotenpunkt verschiedener Straßen s. meine Abhandlung in der Zeitschrift des Vereins für Hess. Geschichte und Landeskunde II.

Von Spangenberg ging die Straße über Pfiefe und Waldkappel, Bischhausen, mittelst einer Brücke, welche 1577 als eine hölzerne bezeichnet wird, die baufällig sei, nach Hoheneiche, Datteroda, Netra, Ifta, wo die Brücke über die Schnepfe die Geleitsgränze zwischen Hessen und Sachsen bildete, nach Kreuzburg und von da südlich sich wendend, über Langeröden nach Eisenach in die sächsische Hauptstraße.

Straße von Waldkappel über Trefurt nach Langensalza. Im sechszehnten Jahrhundert sieht man nicht selten die sächsischen Fürsten von Waldkappel aus die Mühlhäuser Straße einschlagen, welche erst später erwähnt werden wird. Sie gingen dann von Wanfried durch die Herrschaft Trefurt, durch das Traubenthal, über den Rockenbühl oder über Diedorf und Heinrode auf der über das Hainchen und durch die Vogtei Dorla führenden sog. Butterstraße nach Langensalza. Der letztgenannte Weg über Diedorf und Heinrode wird in einem Vertrage zwischen Mainz und Hessen von 1572 ein neuer Weg und keine offene Landstraße genannt und ist durch Vertrag von 1583 zur Geleitstraße erhoben.

Straße zwischen Grünberg und Hersfeld. Ich wende mich nun wieder zu der oben zu Grünberg verlassenen Straße. Diese führte in zwei Hauptbahnen nach Hersfeld. Die eine derselben ging über Großfelda *), wo im 16. Jahrhundert eine Zollstätte war, Windhausen und Niederbreitenbach, wo sie noch jetzt die alte Straße heißt, auf Brauerschwein und Grebenau. Die andere aber führte über waldige Höhen nach Romrod **) und von da entweder über Alsfeld oder neben der Altenburg hin, auf der jetzt s.g. Ochenstraße, über Eisa, Lingelbach, unter dem Herzberg, hinter dem sie sich mit dem vorher erwähnten über Grebenau kommenden Arme wieder vereinigte und dann den Wanderer auf der noch heute bestehenden Straße nach Hersfeld leitete.

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Straße von Hersfeld nach Berka. Von Hersfeld führte die Straße in zwei Linien über den Seulingswald, von denen die eine die Unter-, die andere die Oberstraße genannt wurde. Jene ging über *) Ueber Broßfelda wurden 1581 die Weine für den Markgrafen von Brandenburg geführt. **) Auf diesem Wege, und zwar zwischen Grünberg und Rupertenrod, wurden 1551 zwei Frankfurter Rathschöppen niedergeworfen und beraubt. Kathus oder über Friedewald, überstieg die Hochfläche des Gebirges, die „Ebennung", wo ehemals das Dorf Einsiedel lag, und führte an dem s.g. Nadelöhr und den drei heiligen Stöcken hin nach Hönebach*). Die Unterstraße berührte ebenfalls Friedewald, zog durch die Wolfsgrube, den Marbach hinab, und nach Dankmarshauscn, Zu Berka überschritten beide vereinigt die Werra und zogen über Gerda, Dittersberg, Oberellen nach Eisenach, Straße von Hersfeld nach Vach. Von Hersfeld führte auch eine alte Straße, dieselbe, welche noch heute zu demselben Zwecke dient, über Sorge, Friedewald und Heimboldshausen nach Vach in die sächsische Hauptstraße. Noch eine andere Straße ging von Hersfeld über Schenklengsfeld, welcher Landgraf Georg II, von Hessen-Darmstadt sich bediente, als er Anfangs September 1629 von Romrod über Schenklengsfeld, wo er übernachtete, nach Schmalkalden ritt.

Straße über den Vogelsberg nach Hersfeld. Südlich von der Straße über Grünberg zogen gleich den Strahlen eines Stroms, noch eine Reihe von Straßen von Frankfurt auch theils über den Vogelsberg, theils südlich an demselben hin nach Hersfeld und Fulda.

Straße über Schotten. Die nördlichste derselben wendete sich von Friedberg gegen Nordosten, zog an Schwalheim hin und dann in einer geraden Linie zwischen Melbach und Beienheim durch, nach Echzell. Noch jetzt wird sie die hohe Straße genannt und scheint eine römische Anlage zu sein. Von Echzell führte sie über Oberwiddersheim und Ulfa, lauter alte Zollstätten, ferner über Glaubzahl, Stormfels und Schotten.

************************************ *) Zu Hönebach war bisher keine Herberge und als die Gemeinde eine solche aufrichten wollte, untersagte es Landgraf Philipp von Hessen, "weil sich daselbst eine ganz verdächtige Niederlage, auch Zusammenkunft und Aufenthalt muthwilliger Buben, die sich aller Unthat, Plackerei und dergleichen Uebel befleißigen würden, daraus zutragen und erwachsen möchte." Als dennoch einige Jahre später, 1566, die Gemeinde einen neuen Versuch machte, Brauzeuge anschaffte und einen Wirth annahm, schrieb Sachsen an den Landgrafen und stellte die Gefahren vor, welche daraus für die Sicherheit der Straße erwachsen möchten, die um so größer sein würden, weil Hönebach ein Grenzdorf sei.

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Straße über Nidda. Eine dritte Straße zog über Okarben, Ilbenstadt, Staaden und Dauernheim, wo ein Zoll erhoben wurde, nach Nidda. Hier schied sie sich in zwei Theile. Der nördliche folgte dem Laufe der Nidda und einigte sich zu Schotten mit den beiden vorerwähnten Straßen zu einer Bahn. Diese führte nach Feldkrücken und, wie es scheint, nach Lauterbach. Der südlichere Arm zog über die Zollstätte Eichelsachsen, zwischen Rudingshain und Breungeshain hindurch, wo man im sechszehnten Jahrhundert die hohe Straße genannt findet, und scheint gleichfalls nach Lauterbach und über Udenhausen zwischen Breidenbach und Oberjossa, in die Grünberg-Hersfelder Straße gegangen zu sein, während zugleich noch eine Hochstraße auf dem Rücken, welcher die Jossa und Fulda scheidet, zwischen Grebenau und Bernigerode hindurch in's Fuldathal und nach Hersfeld führte.

Straße über Ortenberg. Der nächste südlicher liegende Straßenzug über den Vogelsberg begann bei der Friedberger Warte über Frankfurt, führte oberhalb Seckbach hin nach Bergen und Niederdorfelden. Hier überschritt die Straße die Nidder und stieg an diesem Flüßchen hinauf, durch Büdersheim, an Windecken vorbei nach Haldenbergen, neben Eichen vorbei und nach Altenstädt. Daselbst verzweigte sie sich in zwei Parallelbahnen. Die eine derselben führte über Leustadt nach Effolderbach, wo sie sich wieder schied, indem ein Arm, der aber schon im siebenzehnten Jahrhundert nicht mehr im Gebrauche war*), über Konradsdorf, Selters, Ortenberg, bei dem 1341 Ländereien "an deme frankinfurdirs Wege" und einige Jahre später eine hohe Straße genannt werden, und über Lisberg nach Gadern führte, während der andere rechts des Nidders über Eckartsborn, Glashütten, Burkhards, Herchenhain, Grebenhain nach Kreienfeld zog, wo beide wieder zusammenstießen. Die bei Altenstädt rechts abgegangene Straße führte über Glauburg, Stockheim, an Ortenberg hin und über Bermuthshain gleichfalls nach Kreienfeld **).

Von Kreienfeld weiter zog dann eine Straße in völlig nördlicher Richtung an Rudlos vorüber, wo derselben bereits sehr frühe gedacht wird*), und mündete, wie es scheint, in eine der nach Hersfeld führenden Straßen. Eine andere dagegen, welche zugleich mit einer von Gelnhausen kommenden Straße verbunden gewesen sein soll, nahm ihren Weg zwischen Veitshain und Bannerod durch auf Steinfurt, und rechts über Blankenau nach Fulda, links aber an der Schlitz und Fulda (über Salzschlirf, Schlitz etc.) hinab nach Hersfeld.

Die hohe Straße über Bergen nach Fulda. Noch eine Bergstraße — und es ist dies eine der ältesten und bedeutendsten — ging von Frankfurt aus und führte zunächst nach Bergen. Sie hält sich beinahe fortwährend auf dem zwischen dem Nidder und der Kinzig aufsteigenden Bergrücken, wo ihre meist einspurige Bahn noch fahrbar ist und immer noch den Namen der hohen Straße trägt. Von Bergen zieht sie zwischen Windecken und Rostdorf hin nach Marköbel, dann zwischen Langenbergheim und Altwiedermus durch, senkt sich hierauf in's Thal nach Diebach am Haag, steigt bei Herrnhaag wieder aufwärts, geht zwischen Lorbach und Vonhausen durch und östlich von letztern auf den Reffenkopf, weshalb sie zwar auch die "Reffenstraße" genannt wird; weiter führt sie auf die Kasimirshöhe, über den Geiskopf, zwischen Rinderbiegen und Waldensberg hin, an Leisenwald und Hitzkirchen vorüber und zwischen Ober- und Unterreichenbach durch. Nachdem sie bei Radmühl**) die Salza überschritten, erhebt sie sich wiederum und lauft auf dem Rücken zwischen Salz und Freiensteinau fort nach Reichlos, zieht dann südlich der Dörrhöfe vorbei, zwischen Hauswurz und Brandlos durch nach Giesel, und rechts an der Giesel hinab bis sie jenseits Harmerz mit der alten aus dem Kinzigthale kommenden Straße in ältester Zeit wenig oberhalb der Giesel die Fulda überschritt, bis durch die im Jahre 672 angelegte "lange Brücke" bei Fulda ein bequemerer Uebergang geschaffen wurde, so daß man seitdem an Niederrode und Sickels vorbei nach Fulda zog.

Straßen aus dem Kinzigthale über den Vogelsberg. Auch aus dem Kinzigthale zogen mehrere Straßen zu den Höhen und mündeten in jene Straße. Da, um nur einige zu erwähnen, kam eine von Gelnhausen, und eine andere von Steinau. Die letztere, welche noch jetzt die Weinstraße heißt, stieg zwischen der Steinau und dem Ulmbach auf.

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Ich gehe nun zu der südlichsten Straße, der Thalstraße durch das Kinzigthal über, der heutigen Hauptstraße zwischen Frankfurt und Leipzig. — Die Straßen durch's Kinzigthal nach Fulda. Von Hanau zog die Straße immer längs der Kinzig hin über Gelnhausen, zwischen Salmünster und Hausen durch, über Steinau, welches deshalb „Steinau an der Straße" genannt wird, nach Schlüchtern. Oberhalb Schlüchtern stieg die Straße neben dem Hofe Gumfritz hin über den Trasenberg, die Wasserscheide zwischen Weser und Main, nahm dann die Richtung nach Flieden, und zog links der jetzigen Straße, zwischen den Höfen Bieland und Kahlberg durch nach Fulda. Hin und wieder, besonders im Kinzigthale, hatte diese Straße mehrere Bahnen. Eine dieser Seitenbahnen ging zu Hanau ab, an Niederrodenbach vorüber, über Altenhaslau, Meerholz und Neuenhaslau und einigte sich bei Höchst wieder mit der Hauptbahn. Straßen über den Spessart und die Rhön. Eine andere Hauptbahn führte von Hanau als Hochstraße über den Spessart und die Rhön, Bis in die Nahe von Moosborn, im Gerichte Lorhaupten, folgt diese Straße der s.g. Birkenhainer Straße, welche unten näher beschrieben werden wird. Erst hier trennt sie sich von dieser und zieht anfänglich nördlich, später nordöstlich zwischen Flörsbach und dem Burgberge hin, nach Letgenbrunn und Milbach, am Bilstein vorbei, unter daS arber (?) Reisig, wo diese Straße schon im zehnten Jahrhundert der Rennweg (via Renneweck) genannt wird*) und ein von Wertheim von der Kinzigstraße abgehender Arm sich mit ihr verband. Weiter zieht sie auf den Höhen links des Jossagrundes hin, zwischen Ahlsberg und Marjoß durch, wo sie 1386 die hohe Straße genannt wird*) und einen Zweig südlich an der seidenrother Warte hin nach Steinau sendete. Hinter Marjoß lauft sie durch den schwarzen Schlag, wo das ehemalige Dorf Ratzrod lag, und bis Sterbfritz, wo den Zoll die Grafen von Hanau bereits 1419 zu Reichslehen hatten **). Das letztere läßt sie links liegen und folgt der Hanau-huttenschen Gränze (oberhalb Ramholz), steigt unter dem Namen der hohen Straße über den Senseberg, nach den hohen Tannen (breite First), wo ein alter behauener Stein, der Tiegelstein genannt, neben ihr steht, der, wie ein oben befindliches verödetes Loch vermuthen läßt, ehemals zum Gestelle eines Kreuzes diente. Von diesem Steine gelangt man zu drei Marksteinen, neben denen sich mehrere dicht hinter einander aufgeworfene Gräben befinden, welche einem befestigten Lager (das Volk nennt es Schwedenlager) gedient haben sollen. Rechts bleibt dann die Wüstung Romerzbrunn (Ramaudesbrunn), neben der die Straße eine ziemlich lange Strecke mit Basalt gepflastert ist, ein Zeichen, daß sie noch in später Zeit befahren wurde. Weiter zieht sie über die breite First nach dem Sparhofe und, fortwährend auf der Wasserscheide zwischen Rhein und Weser sich haltend, durch das Rosengärtchen bei Haubach, neben der mottener Haube und unter dem Maria-Ehrenberg und an dem östlichen Hange des Dammerfeldes hin, durch den Bereich der Trümmer des Rabensteins, am Eierhauck vorbei, durch die s.g. Schwedenschanze, zwischen dem Schachen- und Reesberge oberhalb Kippenbach hin, wo sie jetzt die Landwehr genannt wird. Während nun die Stadt Hersfeld links und die Osterburg bei Bischofsheim rechts bleiben, tritt die Straße am Abhange des Himmeldankberges in das rothe Moos und auf die Hochfläche der hohen Rhön und senkt sich darauf über Wüstensachsen in das Thal der Ulster. Von da ist der fernere Zug dieser stets beträchtlich breiten, hin und wieder gepflasterten und zuweilen durch Gräben begränzten Straße ungewiß. Wahrscheinlich theilte sie sich und führte theils links *) "Das Geholtze hinder Eylersperg biß an die hohen Straßen und die Eschenstrodt uber dem Habichdayle und Klinga, daß ein Dorff heyßet und etswanne was". **) Hanau-Müntzenbergische Landesbeschreibung. Dokumente. S. l. am Ulfterthale hinab, theils rechts nach den Hochpässen des ThüringerWaldes, um sich der sachsischen Hauptstraße anzuschließen. Doch konnte sie eben wohl auch zur Verbindung Frankfurts mit den Hansestädten dienen. Straßen von Fulda nach Hersfeld. Von Fulda öffneten sich Wege nach Norden und Nordosten. Der westliche derselben ging von der über Giesel kommenden hohen Straße, wie es scheint, in der Nähe des Himmelsbergs ab und wendete sich, Fulda selbst zur Rechten lassend, gegen Norden, in dem es auf der Höhe fortzog und theils bei Lüdermünd, wo ein Weg von Fulda dazu stieß, den Bergrücken erstieg, welcher die Fulda und Haune scheidet, theils in der Gegend von Hemmen die Fulda überschritt und sich bei Michelsrombach mit dem andern Arme vereinigte. Von da zog die Straße dann auf der Höhe des Bergrückens weiter bis in die über Hersfeld führende Leipziger Straße. Straßen von Fulda über Geisa nach Thüringen. Eine andere fuldische Straße ging auf Geisa. Diese nahm gleich von Fulda zwei Bahnen, die eine über Steinau, die andere über St. Petersberg und Almendorf. In Rimmels traten beide wieder zusammen und gingen in einer Bahn auf Hof- und Mittelaschenbach, Spala, Geismar und Geisa. Hier wendete sich die Straße östlich über Bremen, Geblar, Oberalba und Dermbach nach Mebritz, wo sie sich in zwei Arme theilte. Der gegen Nordosten ziehende führte über Urnshausen, Sand, Langefeld nach Satzungen, wo er in die Hauptstraße mündete und mit derselben die Werra überschritt. Der andere, welcher gegen Osten zog, ging über Wiesenthal, Roftdorf, Rosa und links neben Georgenzell hin, wo die Straße im sechszehnten Jahrhundert ausdrücklich die fuldaische Straße genannt wird. Von Helmers führte diese Straße entweder über die Brücke bei Herrenbreitungen oder bei Wernshausen über den Werrastrom und dann in verschiedenen Verzweigungen über das Hochgebirg in die sächsische Hauptstraße*+). Von diesen Uebergängen stieg einer von Herrenbreitungen zwischen Liebenftcin und Herges hinauf nach Broterode, am ZnselSberge hin, und über Kabarz und wahrscheinlich Waltershausen nach Gotha. Auf diese Straße deutet die Stelle der Grenzbeschreibung der Loibe in der kaiserlichen Urkunde von 1039 ... et inde super quoddam mirice at Brunuardesrot (Broterode, und zwar an dem nördlichsten Theile von dessen Gemarkung hin) usque at plateam, que illic est, perque plateam usque ad radices montis Tatenberc (der Datenberg, südlich von Kabarz)*). Eine andere Straße führte, wie noch gegenwärtig, von Wernshausen nach Schmalkalden, von da über das Gebirge nach Friedrichsrode und ebenwohl nach Gotha. Auch diese ist alt und sicher kommt sie schon unter den Straßen vor, welche in den Urkunden von 1141 und 1114, durch welche Mainz und der Kaiser die Übergabe der Loibe an das Kloster Georgenthal bestätigten **), genannt werden, aber zu erweisen vermag ich dies nicht. Um so bestimmter nennt sie dagegen eine Urkunde von 1357: „unnsers Waldes, der gelegen ist uff gensett Friederichrode, also die Straße uffgehet das Hochgesteygern (Hochgebirge) gein Schmalkaden***). ******************************************* *+) Wie zahlreich die Straßen gerade in der Nähe des Juselsbergs waren zeigen uns jene Urkunden, welche über die Vergebung der Loibe „durch Kaiser Konrad an den Grafen Ludwig, sowie über die Uebertragung eines Theils derselben von den Landgrafen von Thüringen an das Kloster Reinhardsbrunn handeln. Aber es ist zu schwierig dieselben allenthalben zu bestimmen. Die Versuche, welche in dieser Hinsicht in der Thuringia saera, in den Beiträgen zur Erläuterung und Ergänzung der Geschichte der Stadt Gotha, und in v. Schulte's directorium diplomaticum gemacht worden sind, haben kein befriedigendes Resultat herbeigeführt, und sind voll augenfälliger Irrthümer. Selbst die in den erwähnten Beiträgen etc. gegebene Karte ist durchaus nicht zureichend. Vergeblich habe ich alle mir zugänglichen Hülfsmittel aufgetrieben, bin aber eben so wenig zu einer sichern Klarheit gelangt. Nur so viel habe ich mit Bestimmtheit erkannt, daß der geschenkte Waldbezirk die Aemter Reinhardsbrunn und Georgenthal umfaßt. Nur mittelst der genauesten Ortskunde läßt sich eine befriedigende Erklärung der in diesen Gränzbeschreibungen vorkommenden lokalen Namen erwarten. *) S. die Angabe der zahlreichen Abdrücke dieser Urkunde in Schulte's Director. dipl. I. **) Thuringia sacra 469 u. 472. ***) von Schulte's histor. statist. Beschreibung der Grafschaft Henneburg I. i9l.

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Alle jene Straßen sind gewiß viel älter als sie sich historisch nachweisen lassen und von denen in der Wetterau sind gewiß noch mehr als ich bezeichnen konnte, entweder römische Anlagen oder doch schon zu den Zeiten der Römer vorhanden gewesen.

Schon das bekannte Kavitular Karls des Großen vom Jahre 801, in welchem eine Reihe von Zollstädten an den slavischen und avarischen Grenzen genannt werden, weist mit aller Bestimmtheit auf diesen Straßenzug, namentlich auf die über Eisenach führende sächsische Hochstraße hin, denn es wird darin Erfurt als Gränzort und Mauthstätte bezeichnet. Es heißt nämlich:

De negotiatoribus, qui partes Selavorum vet aliarum gentium petierint. De negotiatoribis, qui ad partes Selavorum et Avarorm pergunt, quousque procedere debeant, id est partibus Saxoniae usque ad Bardenwic (Bardewick), ubi praevideat Herti, et ad Cesla (Gessel), ubi Madalgaudus praevideat; ad Magadeburc (Magdeburg), praevideat Atto; ad Herphesfurt (Erfurt), praevideat Madalgaudus; et ad Alagastat (Hallstadt bei Bamberg); similiter ad Forachem (Forchheim), el ad Brehembret (Brennberg), et ad Ragenesburc (Regensburg), praevideat Ottulfus; ad Lavariocam Warnarius, ut arma et brunias non ducant ad vendendum*).

Ob etwa schon Drusus auf seinem Zuge vom Taunus über die Werra sich des Orteswegs bediente oder ob später 639 n. Chr. das fränkische Heer des Königs Sigibert, nachdem es den Baiernherzog Far, wahrscheinlich am Untermaine, gezüchtigt, auf dieser Straße gegen den empörten Herzog Radulph von Thüringen zog, denn es wird ausdrücklich gesagt, daß dasselbe durch den Buchenwald *) seinen Weg nach der Unstrut genommen habe, wo die Schlacht bei Scheidingen dem Könige den Sieg gab**), ist möglich, aber ein sicheres historisches Zeugniß läßt sich nicht dafür anführen.

Die älteste Quelle, welche uns über Straßen in der Richtung über den Untermain und Thüringen nähere Nachricht gibt, ist die Lebensbeschreibung des h. Sturm. Als Sturm nämlich im Jahre 736 an der Fulda herauf in den Buchenwald zog, um eine zur Anlegung eines Klosters geeignete Stätte zu suchen, fand er bereits eine über die Fulda führende Straße, auf welcher die Kaufleute aus Thüringen nach Mainz zogen.

Nachdem erzählt worden, daß er von der zu Hersfeld befindlichen Zelle weiter aufwärts gezogen sei, heißt es: tunce quadam die dum pergeret, pervenit ad viam, quae a Thuringorum regione mercandi causa ad Mogontiam pergentes ducit, ubi platea illa super flumen Fuldam vadit, ibi magnam Selavorum multitudinem reperit eiusdem fluminis alveo nantantes etc.

") ?erli, Nsn. bist, Lermsn. l.esse» IIb. dir, 86. Haas in dem Archiv des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde von Oberfranken II. 2. S ZZ. erläutert diese Stelle des Kapitulars auf eine meiner Anficht nach richtige Weise dahin, daß die in demselben genannten Orte als die Mauthstätten »on Straßen zu betrachte» seien, welche aus dem fränkischen Reiche zu den Slavtn und Avaren führte». Diese Erklärung ist schon deshalb, weil sie natürlicher ist, der gewöhnlichen vorzuziehe», nach welcher über die im Kapirulare genannten Orte eine Straße «o» dem Süden nach dem Norden gezogen sei, weiche zugleich die östliche Grenze des fränkischen Reichs gebildet Hab«. '*) öißidertus äeinäe öuekonism eum exereitu lroiisien» l'Kormziuin properen«. ?,eji!ßllr, OKronieon. eso. I.XXVII. pei^, «uo. «rem. Kist. II, 3S9.

Am vierten Tage durchschritt er die Stätte, auf der später das Kloster Fulda erbaut wurde und gelangte noch etwas weiter aufwärts wandernd zur Mündung der Giesel in die Fulda und bald darauf an die Straße, welche seit alter Zeit der Ortesveca genannt wurde*). Hier wollte er die Nacht zubringen und traf die Vorbereitungen dazu, als ein Geräusch im Flusse seine Aufmerksamkeit erregte und bald ein Mann mit einem Pferde zu ihm stieß, welches derselbe für seinen Herrn Orcis **) aus der Wetterau (de Wedereiba) in das Grabfeld führte***).

Diese eben mitgetheilten Angaben werden nun wesentlich durch die bekannte älteste Gränzbestimmung des Stifts Fulda vom Jahre 717 erläutert. Die westliche Gränze wird darin auf folgende Weise beschrieben: Inde uadit ad locum, ubi flumen Lutire intrat Fuldam (Lüdermünd das Dorf). Et sic sursum per licus Lutire usque in ostia Bicenbaches. Et per riuum eius sursum usque in caput eius. Inde trans uiam, que dicitur Antsanuia, usque in uiam, que uocatur Orteswehe. Inde uadit in uolutabrum, quod est in monte qui dicitur Himelesbereh etc. ****).

Wir sehen also auch hier wieder den Ortesweg und zwar am Himmelsberg, einem Berge über Giesel, und müssen uns überzeugen, daß nur die von Bergen ausgehende hohe Straße darunter verstanden werden kann, welche, nachdem sie den Fuß des Himmelsbergs berührt hat, in das Thal der Fulda herabsteigt.

Dagegen scheint der Antsanweg (Ansenweg-Riesenweg) von dem Ortesweg und zwar in der Nähe des Himmelsbergs abgeführt zu haben und sowohl der Gränzbeschreibung als der Örtlichkeit nach kann die Richtung desselben nur gegen Norden gewesen sein und zwar westlich nicht nur von der Mündung der Lüder in die Fulda, sondern auch der Quelle und der Mündung (ostia) des Bimbachs. Man muß diesen Weg also in der Richtung nach Großenlüder oder vielmehr etwas östlich davon suchen; dort mag er über die Lüder gegangen sein und so in das Fuldathal. Ich erinnere nun an die oben erwähnte von Sturm 736 gefundene Straße, welche Mainz und Thüringen verband. Allerdings wird weder der Ort bezeichnet, wo dieselbe die Fulda überschritt, noch der Tag genannt, an welchem Sturm auf seiner Reise sie erreichte. Nur das steht fest, daß ihr Uebergang südlich von Hersfeld lag und daß Sturm sie bereits vor dem vierten Tage nach seinem Aufbruche von Hersfeld, wo er an der Mündung der Giesel anlangte, erreicht hatte. Demnach muß die Furth wohl jedenfalls zwischen den Mündungen der Schlitz und der Lüder gesucht werden und es bleibt wohl kaum noch ein Zweifel übrig, daß die von Sturm gefundene und die Antsenstraße identisch sind. Den weitern Zug der Straße links der Fulda habe ich schon oben angegeben. Derselbe ist hier unzweifelhaft und durch mehrere historische Thatsachen bestätigt. So kommt bei Rombach (entweder Frauen- oder Michelsrombach) schon 801 der Kunigsvueg und ebenso 980 der Kuningesvueg vor*).

^Nachdem die Gegend reicher angebaut worden, bildeten sich natürlich mehr Wege, welche zu dieser Hochstraße führten. Einer derselben scheint von Kreienfeld ausgegangen zu sein und in der Nähe von Hommen die Fulda überschritten zu haben; ein anderer ging dagegen von Fulda aus. Dieser wird bei einer Gränzbeschreibung aus dem 16. Jahrhundert genannt: „die Straß so von Fulda an über die Schilden (die Schild« beißt der ganze Hochrücken östlich und nördlich von Lüdermünd) nach dem großen Hall (jetzt der Haal, der nördlichere Theil des Bergrückens) get." Auf dieser Straße zog am 24. October 1601 der Erzherzog Maximilian von Oesterreich, damals Administrator von Fulda, aus Fulda neben dem Sternhof bei Kruspis vorbei nach Hersfeld und dann weiter über Rotenburg und Melsungen nach Kassel, Auch bei der Rückkehr schlug er wieder dieselbe Straße ein, indem er bei Kohlhausen durch die Fulda und am Sternhofe hin nach Fulda zog. Ob unter derjenigen Straße, welche 983 bei Kleisengeseeiä genannt wird*), die oben erwähnte oder die über Schlitz und am linke:. Fuldaufer hinabführende Straße zu verstehen ist, vermag ich nicht zu entscheiden. Ich kehre nun nochmals zum Ortesweg zurück. Auch weiter gegen die Wetterau hin wird der Zug desselben unter verschiedenen Namen durch alte urkundliche Nachrichten nachgewiesen. So findet man ihn IhN in der Gegend von Weidenau unter dem Namen des Rennwegs (Rainewuech) **). In der späteren Gränzbeschreibung des Kirchengebiets von Reichenbach begegnet man ihm unter dem Namen des Frankenwegs (Frankenwag) ***), sowie in der der Kirche von Wingershausen von 1916 unfern Burgbracht als die .Fulger« Slruzun" **«*). Im Jahre 1357 wurde für diese Straße dem Stifte Fulda vom Kaiser die Anlegung eines Zolles zu Giesel bewilligt -s-). Als Landgraf Ludwig II, von Hessen im Januar 1462 mit einem ansehnlichen Heeu aufbrach, um dasselbe nach Mainz zu führen, zog er über Hersfeld, Fulda, Freiensteinau und theils über Birstein, theils über Ortenberg und dann über Rodheim nach Wiesbaden. Nicht viel jünger mag die Straße durch das Kinzigthal sein. Daß der mit ihr verbundene Rennweg über das Orberreisig schon sehr frühe genannt wird, habe ich bereits oben angeführt. Steinau kommt stets unter dem Namen "an der Straße" vor. Auch zu Flieden erhielt Fulda 1357 einen Zoll, und des Uebergangs über den Trasenberg erwähnen Urkunden von 1491 und 1512 s^). *) ScKsvvst, LueKonis vet. p, 227. **) ScKsonst I. v. 327. ***) vronke p. 5. +) ?i»wr. III, 4S7. DionKe p. S7. Vergl. Landau, Befchr. des Gaues Wet. tereiba S. 22l. 5) SeKsnnst, Nisl. kulg. ?,ob. p. 2«9. -j-s) Sedsnnst, »ist. kulck, ?rod. ZZg. Die beiden andern Hauptstraßen, welche vorzüglich im sechszehnten und siebenzehnten Jahrhundert Thüringen und überhaupt den Nordosten von Deutschland nebst Preußen, Polen und Rußland mit Frankfurt, Mainz und überhaupt den Untermain und Mittelrhein verbanden, waren die über Hersfeld, Alsfeld und Grünfeld und die über Waldkappel, Spangenberg, Treisa und Gießen ziehenden Straßen. Schon jene Heerstraße (Nei-islrs22») oder öffentliche Straße (strata publica), welche die Beschreibung des Kirchengebiets von Schlitz von 812*) nennt, gleichwie die Reise des Kaisers Heinrich IV. von Halberstadt über Hersfeld und Udenhausen nach Mainz im Z, 1071 **) weist aus den Seitenarm dieser Straße über Brauerschwend und Grebenau. Zu Udenhausen nahe bei Grebenau fand nämlich Lupoid von Merseburg, der Liebling des Kaisers, als er nach dem eilig genommenen Mittagsmahl sein Pferd wieder besteigen wollte, durch einen Sturz von demselben seinen Tod. Auch die Mainzerthore von Treis«, Alsfeld (schon 1273 wird hier die port» moßunlin» genannt) und Grünberg find Zeugniß für das Alter dieser Straße. Wie bedeutend der Verkehr zu Grünbcrg war, ersieht man daraus, daß Landgraf Heinrich II. den Zoll daselbst 1368 an zwei Grünberger Bürger für jährlich 459 Pfund Heller verpachtete. Später nahm derselbe jedoch ab und betrug 154« 256, 1541 427, 1542 213 und von 1566—1568 durchschnittlich 257 Gulden, während der Zoll zu Butzbach, der übrigens auch der bedeutendste war, 374, 792, 558 und 993 Gulden einbrachte. Die Straße mitten durch Hessen wurde die durch die langen, die durch das Hersfeldische, die durch die kurzen Hessen genannt *"). Schon 1396 verkaufte Landgraf Albrccht von Thüringen dem Landgrafen Heinrich I. von Hessens „so gethan Geleythe, als wir biz Herr gehst haben «dir den Sulingessehe von der Stab, da vnse Geleythej vnd" — das Hefsische — „zusammen trethen bis zu sante Ni» clause daz pobcr Dsenach liget—" also bis jcnseit Eisenach, denn das St. Nikolauskloftcr lag vor dem nach Gotha führenden Thore. Wie AI *) 8cK»onat, SueK. vet. Z7S; DronKe p. 58 et 129 u. Urk. des Arch. ,u Fulda. **) IiSivdert sp. kei-t- Kloo. Lerm. bist. VII. lSS. ***) Im Jahre 15S9 sagen die Leipziger: wenn man hinnen (Leipzig) auf Frankfurt will, so hat man zweierlei ordentliche Straßen durchs Land zu Hessen, welche wir und vor uns unsere Vorfahren, eine lange Zeit und weit über Menschengedenken, unverhindert gebraucht haben. Die eine geht durch die kurzen Hessen auf Eisenach, Hersfeld, Alsfeld und Gründerg, die andere durch die langen Hessen auf Eisenach oder Creuzburg, Kappel, Spangenberg, Treis«, Kirchhain und Gieße». brecht in demselben Jahre (oon6uetum inler IsenscKum et ttersfelSism) auch an den Abt von Fulda abtreten konnte*), weiß ich um so weniger zu erklären als diese Straße nirgends durchs Fuldische führte. Bc, reits im vierzehnten Jahrhundert wird Hobenscheid (jetzt Huhnstädt) unter dem Herzbcrge als an der Straße liegend bezeichnet, und Breitenbach unter dem Herzbergc hatte sogar wegen seiner Lage an dieser Straße besondere Freiheiten. Ein Wcisthum von 1467**) sagt ausdrücklich, daß ihm diese Freiheiten wohl gegeben seien: „manchem pelgerym unde andern armen luden zu gudc, die da syn wandern dorch dyt dorff, so eyn lantstraße hir dorch zeit. Das boit cyn iglich gesessen man, der syne borgerschafft geloist hait, der mag in syme dorffe, dar he gesessen ist, bruwen, he mag auch darinne backen, he mag darinne flachte«, he mag darinne schenken, he mag darinne tryben, welicherleye kauffentfchatz he kan «dir magh vorgelden, darumbe sol her keume Heren addir nymande Heller adir scherff nicht von geben." Die von Dörnbergische Burg Herzberg wurde wegen dieser Straße als eine Landesfeste betrachtet und hatte seit dem dreißigjährigen Kriege eine fürstliche Besatzung, welche erst 1788 aufgegeben wurde. Alle Kaufleute, welche aus Thüringen, Meißen, von der Ostsee, aus Schlesien, Polen und Rußland nach den Messen zu Frankfurt zogen, schlugen entweder den Weg durch die langen oder den durch die kurzen Hessen ein, in der Regel jedoch zogen den ersteren, wegen der größern Sicherheit, die Fuhrleute mit den Meßgütern, den letztern dagegen die Handelsleute selbst. Schon in der oben mitgetheilten Urkunde von 1509 bezeichnet Landgraf Wilhelm II. die Straße durch die langen Hessen als die eigentliche Geleitstraße, auf welcher die aus Thüringen, Meissen, Böhmen, Polen zc. kommenden Kaufleute nach Frankfurt zögen, sie möchten nun zu Vach oder zu Berka die Weira überschreiten. Die Straße über Kreuzburg wird dabei zwar nicht erwähnt, daß jedoch auch diese den zur Frankfurter Messe damals Reisenden diente, sieht man 1517, wo das hessische Geleit auf derselben von Netra aus begann. Im Jahre 1541 beschwerte sich Sachsen, daß seit etlichen Jahren die leipziger Kaufleute auf ihrer Reise nach Frankfurt wenig neu Geleit auf Eisenach nachgesucht hätten, und nach Belieben hin und wieder gezogen seien und gebot darum denselben die Einhaltung der hohen oder ^Oberstraß« als der rechten Landstraße, welche von Leipzig über Weißenfels, Eckardsberga, Buttclstadt und Erfurt gehe und von da sich auf Krcuzburg und Eisenach theile, ein Gebot, welches auch 1560 und 1618 wiederholt wurds. Nachdem schon Hessen 1549 das große Geleite durch die kurzen Hessen wegen der Kosten abgestellt hatte und hier nur auf besonderes Verlangen den Kaufleuten Geleite gab, trug Sachsen-Weimar 1556 bei Hessen daraus an, jegliches Geleit auf Berka und Hersfeld aufzuheben und die Leipziger anzuweisen, in Zukunft nur auf der Straße über Kreuzburg und durch die langen Hessen, welche ohnedieß seit alten Zeiten die Güterwagen befahren hätten, nach Frankfurt zu ziehen. Außer dem Wunsch Kosten zu ersparen, war ein weiterer Grund dieses Antrags auch die größere Sicherheit. Außerdem seien in älterer Zeit, wie Sachsen angab, auch die Kaufleute nur durch die langen Hessen gezogen, welcher Weg nur 4 Meilen um wäre. Landgraf Philipp war nicht abgeneigt den Antrag Sachsens anzunehmen, und noch in demselben Jahre kamen die beiderseitigen Rätbe zu Süß zusammen und errichteten am 8. October einen Vertrag darüber. Aber dieser Umweg war den Kaufleutcn kcinesivegs genehm und schon 1558 siebt man sie ohne ein Geleitc anzusprechen auf eigene Faust durch die kurzen Hessen nach Frankfurt ziehen, indem sie sich zu 30—50, jeder mit 1—2 Feuerröhren bewaffnet, zusammenschaarten und „gleichsam als ob sie solche Reisige wären, die Reuterspielen nachritten", auf Pferden und Kutschen daher zogen, Landgraf Philipp beschwerte sich darüber bei dem Stadtrathe zu Leipzig und erklärte, daß er allen, welche die geordnete Straße nicht einhielten, einen etwaigen Schaden zu ersetzen nicht pftichtig' ftin wolle. „Würden fürtcr solche seyn — sagte Philipp — die da wollten Nebenstraßen und Abwege reiten, eigens Gefallens auf ihr Ebentheuer ziehen und aus Kaufleutcn Reuter werden und es würde denen Widerwärtiges begegnen, von wem das geschehe, das sollen und mögen diese eigner Verursachung zuschreiben." Damit waren aber keineswegs die Klagen der Kauflcute gestillt. Diese gingen zwar nicht daraus, daß ihnen in den hessischen Landen Beschwerung oder Schaden an ibrem Leib oder ihrer Habe zugefügt werde, sie und allmänniglich müßten eS vielmehr höchlich rübinen, daß zu den fürstlichen Tugenden des Landgrafen such die gehöre, daß derselbe die Straßen seines Landes rein und sicher halte, was ihnen die Reise durch die laugen Hessen aber beschwerlich mache, sei daß auf derselben die Meilen so lang und die Tagereisen so weit seien, daß sie über 5 - 6 Meilen a« 10 - 12 Stunden zubrachten, wogegen sie durch die kurzen Hessen die Tagereisen in 7 - 8 Stunden vollendeten. Die Pferde würden dadurch zu sehr abgemattet und es komme nicht selten vor, daß solche, welche nicht wohl beritten oder schon weit gereist seien, die Gesellschaft verlassen und zurückbleiben müßten, wodurch sie sich dann oft um ein oder zwei Tage verspäteten. Solche Verspätung bringe dem Handelsmann aber um so größeren Schaden, als es sich vielmal zutrage, daß man ungeachtet aller Eile auf der Rückreise von Frankfurt dennoch nicht zum Beginne des Marktes zu Leipzig dort eintreffen könne. Auch seien in den kurzen Hessen die Herbergen bequemer und, besonders wenn tiefe Wege einfielen, die Straßen besser, als durch die langen Hessen*). Des Landgrafen Bedenken gegen die Straße durch die kurzen Hessen waren dagegen nicht nur, daß durch deren Bereifung die Geleitskosten verdoppelt und die Zölle gemindert würden, sondern auch: "daß dero Ort und daherum viel Schnaphähne wohnten, so daß es mehr als einmal geschehen sei, daß aus dieser Straße sich allerlei Plackereien und Beraubungen zugetragen und daß solcher Gesellen auch noch jetzt darum säßen, welche mit bösen Handeln umgingen und mit der Zeit seinen Ernst noch erfahren sollten." Ein weiterer Grund war aber auch die Wildbahn auf dem Sculingöwaldc, welche durch die Straße beunruhigt wurde, weshalb später Landgraf Wilhelm offen erklärte, daß er daselbst, sonderlich in der Brunft, nicht viel Klapperns »ertragen könne. Ungeachtet aber Philipp, trotz allen Bitten der Kaufleute, auf die Einhaltung der Straße durch die langen Hessen drang, so nahmen die ') Später klagten etliche, daß die Wirthe an der. Straße durch die langen Hessen ihnen nichts als böses Fleisch in Pfeffer vorsetzten und daß sie un» geachtet des Geldes Mangel leiden müßten. ,, Kaufleute doch ferner in der Regel den kürzeren Weg, indem sie sich wohl bewaffnet zu großen Haufen schaarten; denn daß diese Straße wirklich unsicher war, zeigte sich 1566, wo drei frankfurter Handelsleute von zwölf vermummten Reitern zwischen Hungen und Grünberg niedergeworfen und beraubt wurden*). Aber so wenig dieses, als daß-Landgraf Philipp den Kaufleuten den Weg über den Seulingswald verlegen und — wie sich Landgraf Wilhelm ausdrückt — etliche unter die Gäule schmeißen ließ, konnte dieselben von dem kürzeren Wege abbringen. Zur frankfurter Herbstmesse 1567 zogen sogar nur 8 Kaufleute, 2 Wagen und ein Karren durch die langen Hessen, während in dichte Haufen vereinigt die andern den Weg über Friedewald einschlugen. Obgleich dies vorzüglich in der Furcht vor der zu Homberg und Treisa herrschenden Pest seine Ursache hatte, so nahm es Landgraf Wilhelm doch sehr übel, indem er es als einen Hohn und Schimpf betrachtete. Deshalb sendete er gegen Ende der Messe etwa 20 Reiter nach Friedewald, um den Zurückkehrenden seinen Unwillen und daß, wenn ihnen etwas Widerwärtiges begegnen sollte, sie das nur sich allein zuzuschreiben hätten, erklären zu lassen. Dies geschah dann auch, nachdem ihnen schon zu Hersfeld vergehen« gerathen worden, ihren Weg über Blankenheim und Renshausen zu nehmen, obgleich nicht ohne Ueberschreitung des fürstlichen Befehls, indem die Reiter den Kaufleuten die Waffen nahmen und ihnen drohten, wenn sie sich nochmals dieser Straße bedienen würden, sie "zu bläuen" und nach Kassel zu führen. Dennoch zogen 1568 zur frankfurter Frühjahrsmesse außer den zahlreichen Güterwagen nur 36 Kauflentc durch die langen Hessen, während alle andern wieder den Weg auf Hcrsfcld einschlugen, ungeachtet sie wußten, daß sie auf der Rückkehr wieder ihr Büchsen einbüßen würden. Dazu kam noch, daß Sachsen damals das Geleit auf Kreuzburg abstellte, und auf Berka und Kleinensce richtete. Dieser Unannehmlichkeiten müde, hatten die Kaufteute bereits begonnen, andere Wege zu wählen. Schon auf der Rückreise aus der frankfurter Frühlingsmesse 1568 zog ein Theil durch das Hanauische und *) Auch 1529 wurden zwei Erfurter am hellen Mittag unter dem Herzberge überfallen und beraubt. über Fulda und Vach, mährend ein anderer Theil, etwa 20 Pferde und ein Wagen von Niederaula ab, einen Weg durch die Fulda und Hanno und durch das Amt Landeck in gerader Richtung auf Vach suchte. Dies wirkte besser als alle bisher aufgestellten Gründe. Man fürchtete den Verlust des ganzen Verkehrs und lenkte deshalb ein. Um jedoch den Landgrafen nicht bloß zu stellen, wurde ein Leipziger, der zu Hersfeld wohnte, benutzt; dieser mußte die Sache, als ob sie von ihm ausgehe, in Anregung bringen. Auf diesem Wege wurde dann auch wirklich der Stadtratb zu Leipzig bewogen, sich nochmals an den Landgrafen zu wenden und zwar mit dem Erbiete», daß für das durch die kurzen Hessen zu gewährende Geleite jede Person einen Gulden Geleitsgeld erlegen sollte. Dieses Verbieten wurde angenommen und am 21. Oktober 1568 darüber ein Vertrag errichtet. Danach sollten zwar die Wagen nach wie vor durch die langen Hessen ziehen, die Kaufleute aber durch die kurzen Hessen geleitet werden und dafür jeder einen Gulden zu Geleitsgeld zahlen. Nur sollte die Straße nicht mcbr durch den Wald, sondern über Höhnebach gehen. Im Frühjahr 1569 zogen durch die kurzen Hessen zur frankfurter Messe 45 Leipziger, 12 Erfurter, 10 Hallenser, Wittcnbcrger, Naumburgcr und Gothancr, sowie 15 schlefischc Kaufleute und in der Rückkehr noch 9 Leipziger und 19 aus Antwerpen, Augsburg, Venedig, Danzig und Gotha. Ferner kamen noch 38 Pferde mit Güterwagen, 25 Pferde (davon waren 15 Pferde sieben Körnern auS dem Amte Nidda und 2 Pferde einem Körner aus Alsfeld, die übrigen Körner aus dem Amt Schotten) mit Papier, welches sie nach Erfurt und 6 Körner mit 11 Pferden, welche Wein nach Leipzig führten. Diese Fuhrwerke hatten jedoch nur ausnahmsweise die Straße eingeschlagen und wurden angewiesen, in Zukunft nur durch die langen Hessen zu fahren, da der Landgraf durchaus darauf bestand, das Meßfuhrwerk von jener Straße zu verbannen. Alles das scheint sich jedoch nur auf das Meßgeleite bezogen zu haben, so daß zu andern Zeiten es den Reisenden sowohl als dem Fuhrmann frei stand, nach seinem Ermessen sich eine Straße zu wählen. Die durch die kurzen Hessen gehenden Fuhrleute mit Meßgütern (andere waren davon befreit) mußten für jedes Pferd einen Ortsgulden Geleitsgeld erlegen. Diesem widersetzten sich jedoch viele und erklärten, um dieser Abgabe zu entgehen, in Zukunft lieber die KinMstroße fahren zu wollen, und die Beamten Nethen deshalb dem Landgrafen dieses Geleitsgeld aufzugeben, indem Zoll und Wegegeld mehr ertrügen als diese Abgabe. Durch das ganze sechszehnte und ficbenzehnte, zum Theil auch das achtzehnte Jahrhundert blieben jene beiden Straßen die Haupthandelswege, welche Leipzig und Frankfurt verbanden und erst der neuere Straßenbau hat die Kinzigstraße zu ihrer späfern Bedeutung gehoben. Sonst waren es nur stets besondere Umstände, welche die Handelsleute zur Vermeidung jener und Einschlagung dieser oder einer andern über den Vogelsberg führenden Straße veranlaßten. So zogen z. B. zur Frankfurter Fastenmesse 1597 wegen der in Hessen herrschenden Pest die Kaufteute über Vach und durch das Stift Fulda und so auch zum Theil zur Herbstmesse desselben Jahres aus demselben Grunde „über den Wald durch Franken." Ein Gleiches geschah wegen der Unsicherheit der Straßen zur Fastenmesse 1621 und dieselbe Ursache veranlaßt« sie sogar 1622 die Herbstmesse gar nicht zu besuchen. Daß nicht stets der Weg über Alsfeld gewählt wurde, sieht man aus einem Schreiben der Leipziger von 1601. Darin heißt es: „daß wenn wir in Hessen vor Breitenbach unter den Herzberg gelangen, zwei öffentliche Landstraßen zu befinden, deren eine zur rechten Hand aus Alsfeld, die andere zur Linken auf Grebenau und Brauerschwein geht, also daß nicht allein der alSfcldischen, sondern auch der grebenauischen Landstraßen alle aus Neuffen, Preußen, Polen, Schlesien und andern Landen kommendcn Fuhrleute mit 2, 6 oder 8, mehr oder weniger Pferden bespannt, auch Kutschen und andere Reisende sie ganz ungehindert gebrauchen. Es ist aber auch zwischen solchen beiden Straßen noch ein Mittelweg auf die Altenburg und Stomrod zu, der nicht allein von Bauersleuten und andern Nachbarn, sondern auch von vielen Reisenden so zu Kutschen oder zu Roß, gebraucht wird, denn auf jetzt genannten beiden und sonderlich auf der alsfeldischen Landstraße, sowohl zum hin- als reinfahren ein sehr böser Steinweg, welchen Weg manche wegen ihrer Pferde so allbereitS einen ziemlichen Weg gegangen und ohne das abgemattet, sehr fürchten zu durchreisen. Dazu dann zum andern für uns auch dieses kommt, daß man die rechten Tagreisen nicht halten, und fürs dritte nicht zu rechter Zeit zu Frankfurt in der Messe anlangen kann, woran doch einem Handelsmann über die Maaßen viel, zuweilen wohl seine ganze Handlung gelegen ist. Und weil dann obgedachte Straße auf die Altenburg und Stomrod zu ohne männiglichs Nachtheil und Schaden gefahren werden kann, so haben unter andern auch wir Leipziger und unsere Vorfahren, wovon noch eines Zheils am Leben, in die 70 Jahre dieselbe gehalten und ist darin uns weder von dem Landesfürsten noch anderer Obrigkeit dieses Orts zuvor nicht nur kein Einhalt geschehe», sondern zuweilen auch aller fürstliche und gnadige Wille und unter andern auch dieses begegnet, daß I. F. G. eigene Diener die Pferde aus den Stallen zu Stomrod und unsere darin zur Fütterung ziehen lassen. Ist aber allererst vor ungefähr zwei Jahren durch den Oberförster zu Altenburg Hrn. Staln Lü» derbach uns bierin Einhalt geschehen, welcher einen Schlag vorlegen lassen mit Vorwendung, daß solches auf fürstlichen Befehl geschehe." Hierdurch seien sie verursacht worden, vorgcdachlc große Landstraße auf Grebenau zu fahren, vorzüglich weil etliche unter ihnen des Orts ihres Handels wegen zu schaffen hätten Zc. im Dezember 1562 der Kurfürst August von Sachsen von Frankfurt über Grünberg, Alsfeld, Hersfeld, den Seulingswald Zc. Auch andere und namentlich fürstliche Reisende zogen bald durch die kurzen bald durch die langen Hessen nach Frankfurt. Im Januar 1349 reiste Karl IV. von Dresden über Nienburg und Eisenach nach Frankfurt ^). Im Jahre 1363 sieht man Eberhard Windecken, den Chronisten Kaiser Sigismunds, von Mainz aus über Frankfurt, Alsfeld, Hersfcld, Eisenach und Gotha nach Erfurt ziehen**). Im Jahr 1512 ritten die hessischen Regenten von Marburg nach Freiburg über Ziegenhain, Friedewald, Ichtershausen, Eisenach, Weimar, Zeitz und Naumburg und 1516 dic Herzöge von Sachsen und Braunschweig mit den Grafen von Schwarzburg, Mansfeld, Oettingen, Gleichen, Solms ?c,, zusammen mit 257 Pferden, über Rosbach, Butzbach, Stomrod, Alsfeld etc. Denselben Weg über Friedberg, Grimberg, Alsfeld und Hersfeld nahm Luther, als er 1521 vom Reichstag zu Worms zurückzog; 1554 der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen auf seiner Reise zum Reichstag zu Svcier; Als 1570 der Kurfürst August von Sachsen zu seiner Tochter Vermählung mit dem Pfalzgrafen Johann Kasimir nach Heidelberg ziehen wollte, brach er mit einem Gefolge von ungefähr 750 Pferden am 2. Mai von Dresden auf und reiste über Meißen, Oschatz, Grimma, Leipzig, Wcißenfels, Eckardsberge, Weißensee und Langensalza, und beabsichtigte von da seinen Weg über Eschwege, Sontra, HerSfeld, Alsfeld, Grün» berg ic. zu nehmen. Landgraf Wilhelm von Hessen aber widerneth diese Richtung, theils weil es ein Umweg wäre, indem er wieder zurückziehe, thcils weil es eine zu bergige und unwegsame Straße sei, so daß selbst viele, die im Lande geboren und erzogen und immer darin gewohnt, den Weg von Cschwegc nach Hersfeld kaum finden würden. Er bat deshalb den Weg nach Kassel zu nehmen und ihn zu besuchen. An den kurfürstlichen Marschall Oswald von Karlowiß schrieb er aber noch besonders und drückte demselben seine Verwunderung über den gewählten Weg in seiner gewöhnlichen jovialen Weise aus: „Nun wissen wir nicht," schrieb er, „ob der alt Bernhard oder du S, L. die Strauchdieb- oder Jägerpfade gezeigt, oder ob Stazenberg (der Amtmann zu Sontra) und der Abt zu Hersfeld des Kurfürsten Liebden oder Dich zu Gast gebeten, daß Du S. L. den Weg hinausführen willst. Wann wir auch wüßten, daß Du daran schuldig oder Rath dazu gegeben hättest, solltest Du den großen Becher, den wir haben, zur Büß mit Wein austrinken. Dem zu ge» schweigen, daß cS so ein böser und unwegsamer Ort Landes ist, wüßten wir nicht S. L. sonderlich zu Sontra mit anderthalb hundert Pferden unterzubringen. Zudem weißt Du, daß Sontra vor wenig Jahren ausgebrannt und noch auf den heutigen Tag nicht gänzlich wieder erbaut ist, überdas auch der Ort Landes hieraus kein Fütterung, sonderlich um die Zeit des Jahres, zu bekommen, also daß auch Mühe hat (daß diejenigen) so in jetziger frankfurter Fastenmesse auf Hersfeld und Berka ziehen (welche Straße doch „och besser ist als auf Sontra) nothdürftig Verfehung bekommen mögen, zu geschweigen, daß so ein vornehmer Kurfürst sammt S. L, Frauenzimmer und so vielen stattlichen Herren und vom Adel der Ort untergebracht werden könnten. Wiewohl wir dies nicht schreiben, daß wir S. L. ollhie bei uns oder an andern Orten sogar pr« lZißnilsle

...

2) Straßen von Mainz und Frankfurt nach dem mittleren Westphalen.

Die von Mainz ausgehende Straße habe ich schon oben erwähnt. Es ist dieses nämlich die alte von Wiesbaden über Kirchberg nach Limburg führende Straße, welche in ihrer Hauptrichtung nach Münster zog. "Zu Limburg theilte sich jedoch ein Arm von ihr ab, der über Weilburg, rechts an Braunfeld hin, wo 1361 die hohe Straße genannt wird**), und nach Wetzlar führte. Zu Gießen vereinigte sich dieser Arm mit der von Frankfurt ausgehenden Straße zu einer Bahn, welche nach Marburg zog. Von da ging die Straße stets nordwärts, über Wehrda nach Goßfelden. Dieses war die Thalbahn. Eine Hochstraße, die sogenannte "Weinstraße", sieht man noch jetzt auf den links von Marburg liegenden Höhen, öftlich von Neuhof, Wehrshausen und Görzhausen zwischen Michelbach und dem Weißenstein durch und von hier theils weiter nördlich, theils in die am Weißenstein hinführende Straße nach Goßfelden ziehen.

Zwischen Wehrda und Goßfelden ward die Straße 1535 die "Weinstraße" und 1509 ausdrücklich eine "kaiserlich fürstliche Landstraße" genannt.

Bei Wetter scheint der 1325 vorkommende und noch jetzt vorhandene "grüne Weg" auf sie zu deuten (apud stratam, que dicitur der grune Wech). Da es in Folge der Zerstörungen des dreißigjährigen Krieges in Wetter an Wirthshäusern fehlte, so gingen in der zweiten Hälfte des siebenzehenten Jahrhunderts die Fuhrleute von Goßfelden über die Ländereien auf Niederwetter und so an Wetter vorüber. Bei Simmtshausen werden 1523 Wiesen "zu Siemeshusen vor dem Schlage unter dem Wege zwischen der Kirche und der Lantwere gelegen" genannt. Jenseits Ernsthausen theilte sich die Straße. Ein Zweig führte bei Rennertshausen über die Eder nach Hallenberg, bei Winterberg über das Bergjoch in das Ruhrthal, über Assinghausen und Olsberg. Aus dem Ruhrthale führte sie weiter nördlich bei Brilon vorbei, über Altenbüren, Eshoff, Kallenhard, auf dem s.g. sauerländer Wege bei Rüden vorbei, über Altenrüden gen Lippstadt, wo sich die Straße in zwei Arme nach Osnabrück und nach Minden schied, gleich wie schon ein anderer Arm bei Olsberg abgegangen war, welcher über Suttrop, Beleke, Haarhof und Soest nach Hamm und Münster führte*).

Der andere Hauptarm ging bei Röddenau über die s.g. rothe Brücke nach Frankenberg, wo die alte Straße noch als Trift besteht. Auch eine Bergstraße, die noch jetzt s.g. Kaiserstraße, führte hierher. Dieselbe zog von Wetter auf den sich links der Wettschaft erhebenden Feldern hin, stieg westlich von Melnau in den Burgwald und führte über Roda nach Frankenberg. Von da gelangte man über die Ruhne, wo erst 1671 eine Brücke für Wagen gebaut wurde, "damit die Reisenden des Orts ohne Gefahr auf- und abkommen mögen", nach Schreufa und Sachsenberg. Hier trennte sich die Straße in zwei Richtungen, von denen die eine über Medebach in die oben beschriebene Lippstadter Straße, die andere, welche erst später erwähnt werden wird, nach der Weser führte.

Auf das hohe Alter der Straßen in Oberhessen, weist schon die Schlacht, welche Karl der Große 778 zwischen Leise und Bettenfeld den Sachsen lieferte. Die Sachsen waren bis an den Rhein vorgedrungen und verwüsteten alles Land Köln und Koblenz gegenüber. ...

3) Straßen aus Niederland und vom Niederrhein nach Frankfurt.

Die dem Rheine zunächst ziehende war die eigentliche Rheinstraße, nämlich diejenige, welche in der ganzen Länge des Stromes dessen Ufern folgte.

Von dieser Straße zogen in der Nähe von Ruhrort mehrere Arme, welche sich südlicher wieder vereinigten, mehr landeinwärts. Einer dieser Arme führte über Mühlheim, Kettwig, Elberfeld, Ronsdors, Hückeswagen, Wipperfurt, Marienhaide, Neustadt und Drolshagen. Ein anderer über Essen, Schwelm und auf der Wasserscheide zwischen der Wupper und Volme hin nach Meinershagen und weiter ebenwohl nach Drolshagen. Auch mündete daselbst eine über Neustadt kommende Straße von Köln ein. Ueber Olpe zog nun die Straße nach Siegen und einigte sich hier mit der Straße von Münster und Osnabrück, Die von Münster kam über Drensteinfurt, Hamm, Werl, wo sie den Hellweg und Haarweg durchkreuzte, Niheim und Hachen, Sundern und Lennep. Die von Osnabrück über Varendorf, Beckum und Soest, Arnsberg und Hcllefeld und stieß zu, Lennep mit der münsterischen zusammen. Von da führte die vereinigte Straße mittelst der Grevenbrücke über die Lenne, Bilstein, Siegen, Bürbach und Hadamar, nachdem sie hier eine von Köln über Siegberg und Attenkirchen kommende Straße aufgenommen hatte, nach Limburg, wo eine von Koblenz über Montabaur kommende Straße sich anschloß.

Von Limburg aus gingen wieder mehrere Straßen südwärts. Eine derselben führte über den Hochrücken zwischen dem Wörsbach und der Aar, an dem früher Bubenheim genannten Kirberg hin, nach Wiesbaden. Das hohe Alter dieser Straße nördlich von Wiesbaden bezeugen mehrere Urkunden. Schon im Jahre 790 wird derselben in der Nähe des Wörsbachs (fluvium Werisa) gedacht als strata publica, quae nominatur Bubenheimer strata*). Unter demselben Namen, (Buobenheimer Straesse) findet man sie auch 812**) und eine Urkunde von 1043 bezeichnet sogar ihre Richtung: platea, quae de Wisebaden tendit in Logenahi ***) d.h. nach dem Niederlahngau.

Eine andere alte Straße zog über Wiesbaden, Langenschwalbach und Nastätten nach Braubach und von da am Rhein hinab. Auf diesem Wege sieht man 1611 Reisende nach den Niederlanden ziehen. Von Braubach reisten sie über Koblenz, Andernach, Bonn, Köln, Dormagcü, Neuß, Moers, Xanten, Kleve, bei Schenkenschanz über die Wahl, sowie bei Arnheim über den Rhein zog.

Auch unmittelbar von Koblenz führte eine Straße nach Wiesbaden, welche zum größten Theil noch heute besteht, wenigstens soweit sie noch jetzt Hochstraße ist. Von Koblenz folgt sie dem Laufe der Lahn bis Nassau; hier, wo ihre Richtung ganz südöstlich wird, steigt sie auf den Hochrücken, der westlich durch den Mühlbach und die Quellen der Wisper und östlich durch den Wörsbach und die Aar eingeschlossen wird, und zieht über Kemel hin, westlich an Langenschwalbach vorüber nach Wiesbaden und von da nach Mainz oder über Berstadt, Ockstadt und Bockenheim nach Frankfurt. Schon 812 findet man diese Straße unter dem Namen der Kamelero Stressen*) und es ist nicht unwahrscheinlich, daß sie eine römische Anlage ist**). Auf dieser Straße zog Kaiser Adolf im Jahre 1297 von Koblenz nach Frankfurt***) und im 16. Jahrhundert bedienten sich ihrer die Kölner und Aachener Kaufleute auf der Reise zur Messe nach Frankfurt.

Eine andere Straße führte von Limburg auf dem Rücken zwischen der Ems und dem Wörsbach hin, wo sie bereits 812 unter dem Namen der Werisdorfer Straess erwähnt wird****) über den Taunus, an Königstein hin, über Schwalbach, unter Kronenberg her und über Eschborn nach Frankfurt. Auf dieser Straße wurden 1540 im Königsteinschen sechs Wagen niedergeworfen und beraubt, welche Güter aus den Niederlanden nach Straßburg, Augsburg und Nürnberg geladen hatten.

Eine zweite gleichfalls von Limburg ausgehende Straße führte, wie es scheint, über Niederbrechen und Winden nach Usingen; hier wendete sie sich südlich und zog an Wehrheim, am Kloster Thron vorbei, durch einen bei der Saalburg im Pfahlgraben befindlichen Schlag und über Homburg nach Frankfurt. Diese Straße zogen 1366 die Limburger Wollenweber zur Frankfurter Messe, als sie zwischen dem Kloster Thron und dem Taunus vom Grafen Heinrich von Nassau überfallen und beraubt wurden.

Ein Arm dieser Straße ging von der Saalburg über Oberursel und theilte sich südlich theils nach Frankfurt, theils nach Höchst. Derselbe wird 1569 die "Urseler Straße" genannt, welche "auf Wehrheim und da hinüber über die Höhe gehe."

Von jener über Allendorf und Bilstein ziehenden Straße ging zu Siegen noch ein Arm nach der Wetterau ab. Derselbe stand in Verbindung mit einer kölner Straße, welche über Overath, Marialinden, Drabenderhöhe und über Freudenberg nach Siegen führte. Von da zog man über Haiger, Dillenburg, Herborn, Wetzlar, über die Dörfer Groß- und Kleinrechtenbach, wo 1570 Güterwagen überfallen und beraubt wurden, und über Niederklein, wo 1361 sowohl die Straße, als der Zoll genannt werden*). Ein Schreiben von 1598 erwähnt der hohen Straße "von Wetzlar über den Wald Dorte nach Dillenburg und ebenso spricht der Haupttheilungs-Vertrag über den Hüttenberg von 1703 von der "Hauptstraße, so von Wetzlar auf Kleinrechtenbach, Niederklein bis Butzbach geht"**); von Butzbach führte die Straße nach Frankfurt.

Sowohl die oben erwähnte, als die von Attenkirchen über Limburg führende Kölnerstraße werden in einem Schreiben des Grafen Johann von Nassau von 1597 aus Dillenburg erwähnt. Als sich damals um "Sieberich" kaiserliches Kriegsvolk zum Zuge nach Ungarn sammelte, schrieb derselbe „da bannen zu vermuthen, wenn es nicht durch Westphalen ziehen sollte, daß es alsdann auf das Amt Siegen oder dieweil das Gebirg auf Siegen zu hoch und ohne Brücken über die Sultz und Aagger nicht wohl zu kommen ist, die Wege sonderlich im Amt Siegen sehr eng, auch die Bauern auf der "erabenten" Höhe, sammt den benachbarten kölnischen, welchen dann die sainischen, wildenbergischen und meine Unterthanen bald zustoßen können, sehr arg und bös sind, wo sie ja nicht auf Siegen und hierzu (Dillenburg) und vollends auf Butzbach und die Wetterau hinausziehen würden, alsdann auf Attenkirchen, Hachenburg und durch die Grafschaft Dietz auf Limburg und so fortan nach Frankfurt zu ihren Weg nehmen möchten."

Noch eine andere Kölner nach Frankfurt ziehende Straße ging über Siegberg, Altenkirchen, Hachenberg, Merenberg, Weilburg, Usingen, Wehrheim und zu Friedberg in die Frankfurterstraße. Diese Straße zog 1293 Kaiser Adolf. Am 7. Juni war er noch zu Boppard, am 13. zu Hachenberg, vom 20. bis 29. zu Friedberg und am 9. Juli zu Frankfurt *). Auch wird im 14. Jahrhundert bei Friedberg die "Wehrheimer Straße" genannt.

Zuweilen ging man auch auf der Reise von Köln nach Frankfurt von Hachenberg über Heidorn nach Wetzlar. Diesen Weg sehen wir bereits 1255 König Wilhelm ziehen. Am 2V. März reiste derselbe von Gelnhausen nach Friedberg; am 21. befand er sich zu Wetzlar und am 23. zu Boppard. Ebenso 1324 der Kaiser Ludwig. Am 19. Februar war derselbe noch zu Frankfurt, am 22. desselben Monats zu Wetzlar und am 25. zu Köln **).

Endlich führte eine diesem Zuge gehörige Straße durch Oberhessen, die im Anfange in zwei Bahnen getheilt war. Die eine derselben kam über Münster, Hamm, Werl, Neheim, Arnsberg und Freienöl nach Meschede; die andere über Osnabrück, Varendorf, Beckum, Soest, Hirschberg und ebenwohl nach Meschede. Auch traten beide schon früher durch einige Zwischenstraßen in Verbindung. Von Meschede führte die Straße über Winterberg, Hallenberg, Marburg nach Frankfurt. Noch 1625 fahren etliche Fuhrleute mit Wein, welchen sie zu Worms geladen, sowie 1626 35 osnabrückische Fuhrleute mit Wein, welchen sie über Frankfurt geholt, über Marburg nach Osnabrück.

4) Straßen zwischen Frankfurt und Magdeburg.

Obwohl ich nicht alle diesem Zuge angehörigen Straßen bis zu ihrem Ziele mit Sicherheit nachzuweisen vermag, so will ich doch versuchen, dieselben wenigstens anzudeuten, um anderen die weitere Ausführung zu erleichtern. In ihrem Beginne folgte der Reisende den Straßen, welche den leipziger und den hanseatischen Zügen angehörten und meist erst jenseits der Werra verließ er diese, um eine der nach Magdeburg abführenden Straßen einzuschlagen. Die südlichste Straße führte über Vacha oder Berka und über Langensalza, Sondershausen, Wallhausen etc. Auf ihr ...